Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulässigkeit einer Berufung setzt voraus, dass ihre Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten ist.
2. Ob eine Berufungsbegründung, die im Rahmen eines "Massenverfahrens" ersichtlich zur vielfachen Verwendung in verschiedenen Verfahren vorgesehen und im Wesentlichen aus Textbausteinen zusammengesetzt ist, den diesbezüglich bestehenden Anforderungen standhält, ist im Einzelfall zu prüfen.
Normenkette
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Aktenzeichen 3 O 102/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Hildesheim vom 31. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungs- sowie die erste Instanz - insoweit in Abänderung der Wertfestsetzung unter Ziffer 4 des Tenors des Urteils des Landgerichts Hildesheim - wird auf 2.100,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger begehrt Schadensersatz, Unterlassung, Feststellung und Auskunft aus Anlass eines sog. "Datenscraping-Vorfalls" bei der Beklagten, die Betreiberin des sozialen Netzwerks F. ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht - das den Kläger persönlich nach § 141 ZPO angehört hat - hat die Klage abgewiesen. Die Klageanträge zu Ziffer 2. (Feststellung) sowie 3. (Unterlassung) seien vollständig und jener zu Ziffer 4. (Auskunft) teilweise unzulässig. Die Klageanträge zu Ziffer 1. (Zahlung) sowie der zulässige Teil des Klageantrages zu Ziffer 4. seien unbegründet. Wegen der diesbezüglichen Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Wegen der diesbezüglichen Begründung wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründungsschrift vom 9. Mai 2023 sowie die weiteren in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze des Klägers.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des am 9. März 2023 zugestellten Urteils des Landgerichts Hildesheim (3 O 102/22) wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 1.000,00 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerseite alle künftigen Schäden zu ersetzen, die der Klägerseite durch den unbefugten Zugriff Dritter auf das Datenarchiv der Beklagten, der nach Aussage der Beklagten im Jahr 2019 erfolgte, entstanden sind und/oder noch entstehen werden.
3. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter (Director) zu vollstreckender Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter (Director) zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
a) personenbezogenen Daten der Klägerseite, namentlich Telefonnummer, Facebook-ID, Familiennamen, Vornamen, Geschlecht, Bundesland, Land, Stadt, Beziehungsstatus unbefugten Dritten über eine Software zum Importieren von Kontakten zugänglich zu machen, ohne die nach dem Stand der Technik möglichen Sicherheitsmaßnahmen vorzusehen, um die Ausnutzung des Systems für andere Zwecke als der Kontaktaufnahme zu verhindern,
b) die Telefonnummer der Klägerseite auf Grundlage einer Einwilligung zu verarbeiten, die wegen der unübersichtlichen und unvollständigen Informationen durch die Beklagte erlangt wurde, namentlich ohne eindeutige Informationen darüber, dass die Telefonnummer auch bei Einstellung auf "privat" noch durch Verwendung des Kontakt-Importtools verwendet werden kann, wenn nicht explizit hierfür die Berechtigung verweigert und, im Falle der Nutzung der F.-Messenger App, hier ebenfalls explizit die Berechtigung verweigert wird.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über die Klägerseite betreffende personenbezogene Daten, welche die Beklagte verarbeitet, zu erteilen, namentlich welche Daten durch welche Empfänger zu welchem Zeitpunkt bei der Beklagten durch Scraping oder durch Anwendung des Kontakt-Importtools erlangt werden konnten.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten...