Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Verkäufer eines Grundstücks aufgrund einer Bauvoranfrage einen privaten Bauvorbescheid erhalten, so muss er, wenn er eine abzutrennende Teilfläche dieses Grundstücks verkauft, nicht im Umkehrschluss folgern, dass die Bebaubarkeit einer Teilfläche nach der Teilung nicht mehr gegeben ist. Es liegt keine arglistige Täuschung durch Verschweigen vor, wenn der Verkäufer dem Käufer vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags nicht auf den Bauvorbescheid über das nicht geteilte Grundstück hinweist.

2. Die Zusicherung der Bebaubarkeit eines Grundstücks bedarf der notariellen Beurkundung. Nur ausnahmsweise kann von einer konkludenten Zusicherung ausgegangen werden. Alleine aus der Vereinbarung eines Kaufpreises in der Größenordnung eines Baulandpreises ist nicht sicher zu schließen, dass der Verkäufer die Bebaubarkeit gem. § 459 Abs. 2 BGB zusichern will.

3. Wird ein Grundstück als Bauland verkauft, so kann die Gewährleistung für die grundsätzliche Bebaubarkeit als solche nicht ausgeschlossen werden.

4. Entgegen § 477 Abs. 1 S. 1 BGB beginnt beim Grundstückskaufvertrag die Verjährung nicht mit der bereits erfolgten Übergabe, wenn Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrages noch die Teilungsgenehmigung durch die zuständige Verwaltungsbehörde ist. Haben sich die Vertragsparteien bereits im Grundstückskaufvertrag zu einer Messanerkennung verpflichtet, so ist in der nach Teilungsgenehmigung noch fehlenden formellen Messanerkennung keine rechtsgeschäftliche Genehmigung zu sehen, vor deren Erklärung dieVerjährung nicht beginnt.

 

Normenkette

BGB §§ 313, 463; StPO § 477; NBauO §§ 74, 94

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 4 O 499/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 29.5.2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Verden wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch in Form einer selbstschuldnerischen, unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu erbringen.

Wert der Beschwer für den Kläger: 98.191,84 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger, welcher von Beruf Bauunternehmer ist, anlässlich eines Grundstückskaufvertrages die Bebaubarkeit des Grundstücks zugesichert hat und ob der Kläger einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages hat.

Die Beklagte war ursprünglich Eigentümerin des im Grundbuch von … Band 10, Blatt 178, Flurstück 61/7, Flur 3, eingetragenen Grundbesitzes mit einer Gesamtgröße von 26.963 qm (Bl. 41 GA). Das Grundstück befindet sich im Außenbereich der Gemarkung …. Aufgrund einer Bauvoranfrage der Beklagten zum Neubau eines Doppelwohnhauses erteilte der Landkreis … der Beklagten am 18.8.1997 einen positiven Bauvorbescheid (Bl. 16 GA). Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger diesen Bauvorbescheid vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages vorgelegt hat.

Durch notariellen Kaufvertrag nebst Vermessungsauftrag des Notars … vom 2.7.1999 zur UR-Nr. 560/1999 verkaufte die Beklagte an den Kläger ein noch zu vermessendes Trennstück des Flurstücks 61/7 Flur 3 (Bl. 39 ff. GA).

Im Grundstückskaufvertrag heißt es u.a. wie folgt:

„…

§ 1 Gegenstand/Verkauf/Besitzübergabe

2. Der Verkäufer (die Beklagte) verkauft – vorbehaltlich der Genehmigungen durch die zuständigen Behörden – an den Käufer (den Kläger), den Erschienenen zu 2) zu Alleineigentum, von dem dort verzeichneten Grundstück 61/7 Flur 3 der Gemarkung … ein noch zu vermessendes Trennstück zur Größe von ca. 1.000 qm, dessen Lage und Grenzen sich aus der diesem Protokoll als Anlage beigefügten Skizze ergeben, die integrierender Bestandteil dieser Urkunde ist …

Der Verkauf erfolgt vorbehaltlich der Vermessung und der in einer Nachtragsurkunde zu erklärenden Messungsanerkennung. Die Vertragsteile verpflichten sich, sofort nach Vorliegen des amtlich geprüften Auszuges aus dem Veränderungsnachweis das Vermessungsergebnis in einer Nachtragsurkunde anzuerkennen und die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen.

Der Notar wird bevollmächtigt und beauftragt, eine einfache Abschrift dieses Vertrages schon jetzt dem Katasteramt …auszuhändigen, mit dem Antrag, nach Eingang der behördlichen Genehmigungen unverzüglich die Vermessung durchzuführen.

3. Die Besitzübergabe des Kaufobjekts erfolgte bereits am 1.7.1999.

§ 2 Kaufpreis/Gegenleistung

Der Kaufpreis beträgt 90 DM (in Worten: Deutsche Mark Neunzig) je Quadratmeter des Kaufgrundstücks, mithin insgesamt 90.000 DM (in Worten:

Deutsche Mark Neunzigtausend).

Sollte sich aufgrund der Vermessung ein Mehr- oder Mindermaß gegenüber dem angenommenen Flächenmaß des Trennstücks von 1.000 qm ergeben, so ist das Mehr- oder Mindermaß unter Zugrundelegung eines Einheit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge