Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Entscheidung vom 11.07.1995; Aktenzeichen 7 O 394/94) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 11. Juli 1995 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Beklagten beträgt 32.000 DM.
Gründe
Die Berufung des Beklagten dagegen, dass das Landgericht ihn verurteilt hat, an die durch einen Sturz von seinem Pferd verletzte Klägerin ein Schmerzensgeld von 32.000 DM zu zahlen, war zurückzuweisen, weil das Landgericht alle entscheidungserheblichen Fragen - ob die Tierhalterhaftung ausgeschlossen ist, weil es sich um einen Arbeitsunfall handelte, ob der Unfall auf die Verwirklichung der typischen Tiergefahr zurückzuführen ist, ob dem Beklagten der Entlastungsbeweis offensteht, weil es sich um ein Nutztier handelte, ob die Klägerin ein Mitverschulden trifft und welcher Schmerzensgeldbetrag angemessen ist - richtig entschieden hat.
1. Die Tierhalterhaftung des Beklagten mitsamt seiner Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes ist nicht gemäß § 636 RVO ausgeschlossen, wonach ein Unternehmer den in seinem Unternehmen tätigen Versicherten zum Ersatz des durch einen Arbeitsunfall verursachten Personenschadens nur dann verpflichtet ist, wenn er diesen Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder wenn der Unfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist. Diese Vorschrift gilt nicht nur für im Rahmen eines echten Arbeitsverhältnisses sozialversicherte Arbeitnehmer, sondern gemäß § 539 Abs. 2 RVO auch für Personen, die wie sozialversicherte Arbeitnehmer tätig werden, wobei dies auch bei nur vorübergehender Tätigkeit der Fall sein kann. Hier hat aber keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit der Klägerin im Sinne des § 539 Abs. 2 RVO vorgelegen. Dies ist zwar nicht, wie das Landgericht gemeint hat, schon deshalb zu verneinen, weil die Klägerin die Stute zum einen nur kurzfristig und zum anderen unentgeltlich geritten hat. Denn selbst kurzfristige, nur aus Gefälligkeit übernommene und daher unentgeltlich erbrachte Hilfeleistungen können eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung des Helfers in den Unfallbetrieb begründen (OLG Hamm, VersR 1994, 691; OLG Köln, VersR 1994, 693; Lauterbach, Unfallversicherung, § 539 Rdn. 101 b, 102; Wussow/Schloen, Unfallhaftpflichtrecht, 14. Aufl., Rdn. 2602). ES fehlt jedoch an der für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit erforderlichen Voraussetzung, dass für den Helfer das fremdwirtschaftliche Interesse des Unfallbetriebs im Vordergrund steht; eine sogenannte eigenwirtschaftliche Tätigkeit löst den Versicherungsschutz des § 539 Abs. 2 RVO nicht aus (BGH, VersR 1985, 1082, 1083). Im unversicherten "eigenwirtschaftlichen" Bereich bewegt sich auch der Helfer, der in erster Linie Reitsport betreiben will (Lauterbach aaO.). Dies war bei der Klägerin der Fall. Der Beklagte stellt es zwar anders dar, indem er auch im Berufungsverfahren noch seine erstinstanzliche Behauptung aufrechterhält, die Klägerin habe bemerkt, dass er Pferde halte, und sich daraufhin angeboten, bei deren Bewegung behilflich zu sein, was er dankend angenommen habe. Diese Darstellung des Beklagten ist aber durch die glaubhafte Aussage des Zeugen xxx widerlegt. Der Zeuge hat bekundet, bevor sie den Urlaub auf dem Hof des Beklagten gebucht hätten, hätten sie sich telefonisch erkundigt und erfahren, dass Reitmöglichkeiten für erfahrene Reiterinnen bestünden; deshalb hätten sie sich entschlossen, ihren Urlaub beim Beklagten zu verbringen. Aus dieser Aussage ist klar geworden, dass bei der Klägerin das Eigeninteresse an sportlicher Betätigung jedenfalls deutlich im Vordergrund stand, als sie die Stute ritt. Es ist rechtlich bedeutungslos, ob sie damit gleichzeitig den Beklagten entlastete, weil dieser, wie er behauptet, das Tier sonst selber hätte bewegen müssen; auf die Richtigkeit dieser Behauptung, welche die Klägerin mit dem Argument bestreitet, dass der Beklagte seine Pferde zur damaligen Jahreszeit schon auf der Weide gehalten habe, kommt es daher nicht an.
Die Klägerin genießt somit keinen Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung. Die Tierhalterhaftung des Beklagten ist daher nicht ausgeschlossen.
2. Den Beklagten trifft die Tierhalterhaftung, weil der Unfall der Klägerin durch seine Stute verursacht worden ist (§ 833 Satz 1 BGB). Der Sturz der Klägerin ist nicht auf einen normalen, vom Reiter eingeleiteten und beherrschten Galopp des Pferdes zurückzuführen, bei dem sich ggf. nicht, wie es für die Tierhalterhaftung erforderlich ist, die typische Tiergefahr, sondern lediglich das im Ungeschick des Reiters liegende Risiko verwirklicht hätte, sondern auf die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens. Denn die Stute ist durchgegangen. Der diesbezüglichen Beweiswürdigung des Landgerichts, die auf der Aussage des Zeugen xxx beruht, ist nichts hinzuzufügen.
3. Der Entlastungsbeweis nach § 833 Abs. 2 BGB, wonach die Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der. Schaden durch ein Tier v...