Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rückforderung eines überzahlten Kostenvorschusses durch die Rechtschutzversicherung
Leitsatz (amtlich)
Setzt ein Gericht den Gegenstandswert abweichend von dem bei Erhebung der Klage durch den Kläger geleisteten Vorschuss fest, ist diese Festsetzung auch dann für die Höhe des anwaltlichen Honorars in diesem Verfahren bindend, wenn der Wert unzutreffend festgesetzt, jedoch nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 GKG angegriffen wurde.
§ 12 VVG a.F. kommt nur bei Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis zur Anwendung, nicht bei vom Versicherungsnehmer abgeleiteten Ansprüchen des Versicherers wie dem gegen einen Rechtsanwalt gerichteten Anspruch auf Rückzahlung von Honorar.
Ein von der Versicherung erhobener Anspruch auf Rückzahlung von Anwaltshonorar ist auch in Ansehung einer zu geringen gerichtlichen Streitwertfestsetzung jedenfalls dann nicht gem. § 242 BGB rechtmissbräuchlich, wenn es der Rechtsanwalt zuvor unterlassen hat, ein gebotenes und erfolgversprechendes Rechtsmittel einzulegen.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 1, § 242; RVG § 32 Abs. 1; VVG a.F. § 12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3.1.2011 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Beklagten insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.246,30 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2010 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückzahlung von Rechtsanwaltshonorar.
Die Rechtsanwälte Dr. K. und Partner haben, beginnend im Jahr 2000, eine kardiologische Ärztepraxis in einer Abrechnungssache gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ... vor dem Sozialgericht ... vertreten. Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung war die Aufhebung eines Bescheides, mit dem gegenüber der kardiologischen Praxis eine Honorarüberzahlung i.H.v. 5.763.406,99 DM festgestellt worden war; darüber hinaus machten die Kardiologen ihrerseits Zahlungsansprüche i.H.v. 1.221.636,95 EUR geltend. Auf eine nach einem Streitwert von 6 Mio. DM berechnete Kostenvorschussrechnung des Beklagten hat die Klägerin als Rechtsschutzversicherer der ärztlichen Gemeinschaftspraxis Anwaltshonorar i.H.v. 12.154,12 EUR gezahlt. Das sozialgerichtliche Verfahren ist im weiteren Verlauf (außergerichtlich) verglichen worden. Auf Antrag des Beklagten hat das Sozialgericht ... den Streitwert durch Beschluss vom 16.5.2006 antragsgemäß auf 5.000 EUR festgesetzt. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss sind nicht eingelegt worden. Einen am 6.11.2007 gestellten Antrag des Beklagten auf Berichtigung der Streitwertfestsetzung hat das Sozialgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb beim Landessozialgericht erfolglos, da, so das Landessozialgericht, keine offensichtliche Unrichtigkeit des Streitwertbeschlusses vorliege.
Mit vorliegender Klage hat die Klägerin daraufhin den Beklagten auf Rückzahlung der Differenz zwischen dem gezahlten Vorschuss und der nach einem Gegenstandswert von 5.000 EUR berechneten Gebührenforderung (unstreitig: 907,82 EUR) i.H.v. 11.246,30 EUR in Anspruch genommen. Zudem hat sie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten i.H.v. 837,52 EUR begehrt.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 11.246,30 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1.1.2010 zu zahlen, sowie den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag i.H.v. 837,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1.1.2010 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die vom Landessozialgericht bestätigte Wertfestsetzung des Sozialgerichts ..., die offenkundig unrichtig sei, könne der Abrechnung des Anwaltshonorars nicht zugrunde gelegt werden. Die Berufung der Klägerin auf diese Streitwertfestsetzung sei treuwidrig und verstoße gegen § 242 BGB. Der geltend gemachte Rückforderungsanspruch sei zudem verjährt, da maßgeblich auf die zweijährige Verjährungsregelung des § 12 VVG abzustellen sei und im Übrigen zwischenzeitlich gegenüber der Partnerschaftsgesellschaft Verjährung eingetreten sei, worauf er, der Beklagte selbst, sich ebenfalls berufen könne. Die von der Klägerin geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten seien nicht erstattungsfähig, da der Beklagte - unstreitig - vor der Beauftragung des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigen der Klägerin gegenüber deutlich gemacht habe, dass er zu einer Zahlung nicht bereit sei.
Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich dessen Berufung, mit der er sei...