Leitsatz (amtlich)
Erklärt der Auftraggeber in Kenntnis des Umstandes, dass die auf einer (formunwirksamen) Vereinbarung beruhende Anwaltskostenrechnung die gesetzlichen Gebühren übersteigt, zahlen zu wollen, so kann hierin die Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts liegen
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 03.07.2003; Aktenzeichen 9 O 116/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 3.7.2003 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Lüneburg wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger war seit 1998 umfassend mit der Rechtsberatung und anwaltlichen Vertretung der Beklagten betraut. Einer mündlichen Vereinbarung entspr. hat er seine Tätigkeit nach Stunden abgerechnet, und zwar mit zunächst 250 DM/Stunde, später – ab dem 1.1.2002 – mit 150 Euro/Stunde. Die Beklagte hat bis einschl. April 2002 die Honorarnoten des Klägers beanstandungslos ausgeglichen. Für die Zeit von Mai – Oktober 2002 sind Honorarforderungen des Klägers i.H.v. 19.236,80 Euro offen, von denen dieser mit der Klage 1.085,50 Euro – dies entspricht der Forderung für den Monat September – als Zahlungsanspruch verfolgt. Die Beklagte hat widerklagend die Feststellung begehrt, dass keine offene Forderung mehr bestehe und geltend gemacht, es fehle an einer den Erfordernissen des § 3 BRAGO genügenden schriftlichen Vereinbarung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Kläger eine höhere als die gesetzliche Vergütung begehre. Das Schreiben der Beklagten vom 5.12.2002, in dem es unter Bezugnahme auf die ihr vorliegenden Rechnungen und ein Schreiben des Klägers vom 2.12.2002 heißt, man möchte bei Einverständnis des Klägers die Rechnungen für Mai und Juni am 9.12.2002 bezahlen und in dem für die weiteren Rechnungen Juli bis November geänderte, spätere Zahlungstermine erbeten werden, stelle eine Bestätigung der möglicherweise wegen Verstoßes gegen § 3 BRAGO formnichtigen Honorarvereinbarung dar. Im Zeitpunkt der Bestätigung habe die – zuvor anderweitig anwaltlich beratene – Beklagte bereits Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Rechnungen des Klägers gehabt. Dies ergebe sich aus den Erklärungen der Generalbevollmächtigten der Beklagten L. im Verhandlungstermin, in dem diese ausweislich des Protokolls erklärt hat, man habe sich im Sommer 2002 an Rechtsanwalt Sch. gewandt; dieser habe erklärt, dass üblicherweise eine Abrechnung nach BRAGO gem. Streitwert üblich sei und nicht nach Stundensätzen und auch gesagt, dass dies möglicherweise für die Beklagte günstiger käme. Vor diesem Hintergrund habe man sich am 7.11.2002 getroffen und für die Zukunft geregelt, dass die außergerichtliche Tätigkeit des Klägers nach Stundensätzen, und zwar mit 150 Euro/Stunde abgerechnet werden sollte, die Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren jedoch nach der BRAGO. Diese Regelung habe für die Zukunft gelten sollen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage sowie die Feststellung begehrt, dem Kläger nichts mehr zu schulden und die die Auffassung vertritt, auch das Bestätigungsschreiben vom 5.12.2002 sei zur Behebung des Formmangels ungenügend, da sich die Höhe der Forderung des Klägers aus dem Bestätigungsschreiben nicht ergebe und das Schreiben nicht im Bewusstsein der Formunwirksamkeit der Honorarvereinbarung abgegeben worden sei.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil mit dem Ziel der Zurückweisung der Berufung.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ausgleich seiner Kostennote vom 30.9.2002 betreffend anwaltliche Beratungs- und Prozesstätigkeiten für den Monat September 2002 i.H.v. 1.085,50 Euro gem. § 611 BGB. Die Parteien haben hinsichtlich der dem Kläger für seine Dienste (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl., Einführung vor § 611 Rz. 21) zustehenden Vergütung eine wirksame Honorarvereinbarung getroffen. Die von der Beklagten erhobene Widerklage ist demgegenüber unbegründet.
1. Unstreitig hatten die Parteien bei Beginn ihrer Vertragsbeziehung eine Gebührenabsprache getroffen. Danach sollte der Kläger für seine Tätigkeit nach Zeitaufwand, also nach Stunden, bezahlt werden, wobei der Stundensatz zunächst mit 250 DM/Stunde vereinbart war und zum 1.1.2002 einvernehmlich auf 150 Euro/Stunde angehoben wurde.
2. Aus dieser Vereinbarung kann der Kläger allerdings keine Rechte herleiten. Gemäß § 3 Abs. 1 BRAGO setzt eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nach der dem Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung zusteht, voraus, dass die Erklärung des Auftraggebers schriftlich abgegeben ist und nicht in der Vollmacht oder in einem Vordruck, der auch andere Erklärungen umfasst, enthalten ist. Eine solche schriftliche Vereinbarung über die Gebührenhöhe is...