Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlass. Erbrecht. Erbengemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Die unmittelbare Klage einer Miterbin auf Zahlung des auf sie entfallenden Anteils am Nachlass gegen nur einen von mehreren weiteren Miterben ist auch ohne Aufstellung eines zugrundeliegenden Teilungsplans ausnahmsweise dann zulässig, wenn die verklagte Miterbin allein im Besitz des verbliebenen und teilungsreifen Nachlasses ist, und die übrigen nicht verklagten Miterben zuvor im Wege der Absichtung aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sind oder der begehrten Teilung zugestimmt bzw. in nicht erheblicher Form widersprochen haben.
Normenkette
BGB §§ 2042, 752
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 18.04.2001; Aktenzeichen 2 O 632/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. April 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim teilweise abgeändert. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 6.449,19 Euro (= 12.613,52 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Oktober 2000 zu zahlen. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist im Wesentlichen begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 6.449,19 Euro (= 12.613,52 DM = 50 % von 25.227,04 DM) gem. § 2042 Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. § 752 BGB gegen die Beklagte zu 2 sowie aus § 667 BGB gegen den Beklagten zu 1 zu. Bei diesem von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag verfolgten Begehren handelt es sich entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung nicht um eine unzulässige gegenständliche oder persönliche Teilerbauseinandersetzung.
1. Der Anspruch des einzelnen Miterben auf Auseinandersetzung aus § 2042 BGB gegen den Willen anderer Miterben richtet sich auf den gesamten Nachlass, sodass i. d. R. keine gegenständliche Teilerbauseinandersetzung verlangt werden kann (Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 2042 Rn. 18; Palandt, BGB, 60. Aufl., § 2042 Rn. 17). Vielmehr hat der klagende Miterbe grundsätzlich einen konkreten Teilungsplan zu erstellen und die übrigen Miterben auf Zustimmung zu verklagen (Palandt, a. a. O., Rn. 16).
Eine gegenständlich beschränkte Auseinandersetzung kann gegen den Willen einzelner Miterben ausnahmsweise aber dann verlangt werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen, z. B. keine Nachlassverbindlichkeiten mehr bestehen, und dadurch berechtigte Belange der Miterbengemeinschaft oder einzelner Miterben nicht beeinträchtigt werden (BGH, FamRZ 1984, 688, 689; Palandt, a. a. O., Rn. 19).
Zulässig ist darüber hinaus eine unmittelbare Klage auf Zahlung, wenn ein Miterbe den gesamten Barüberschuss des Nachlasses in der Hand hat (BGH, FamRZ 1989, 273, 274; NJW-RR 1989, 1206; Münchener Kommentar, a. a. O., Rn. 66). In derart überschaubaren Fällen können die Miterben Zahlung der jeweils ihnen gebührenden Teilsummen vom Miterbenschuldner verlangen (BGH, a. a. O.; Münchener Kommentar, a. a. O.). Der Zahlungsantrag ist dann dahin auszulegen, dass er sowohl die vorzunehmende Aufteilung des Nachlasses unter die Miterben nach bestimmten Quoten als auch die Erfüllung der sich hieraus für den klagenden Miterben ergebenden Forderung darstellt (BGH, a. a. O.).
Auf dieser Grundlage kann die Klägerin hier unmittelbar Zahlung von den Beklagten verlangen. Zunächst ist überhaupt nicht ersichtlich, dass zum Nachlass außer dem Betrag in Höhe von 25.227, 04 DM, den der Beklagte zu 1 von den dabei aufgelösten Konten der Erblasserin auf ein gemeinsames Konto der Beklagten zu 1 und 2 bei der … überwiesen hat (Bl. 14, 34 – 36 d. A.), noch weiteres Vermögen zählt. Entsprechendes hat weder das Landgericht festgestellt noch ergibt sich dies aus dem Parteivorbringen. So hat die Klägerin in der Berufungsinstanz vorgetragen, es handele sich vorliegend nicht um eine Teilauseinandersetzung, sondern um eine Auseinandersetzung des gesamten verbliebenen Nachlasses, nachdem der Schmuck der Erblasserin unter den Miterben aufgeteilt worden sei (Bl. 171 d. A.). Die Beklagten haben dies nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich behauptet, der Betrag von 25.227,04 DM stehe nicht mehr in voller Höhe zur Verfügung, weil er sich durch Nachlassverbindlichkeiten vermindert habe (Bl. 186 f d. A.). Dieses Vorbringen ist jedoch unerheblich.
Dem Grunde nach könnten hier zwar Nachlasserbenschulden für den Aufwendungsersatz des Beklagten zu 1 als Beauftragter bzw. Geschäftsführer ohne Auftrag gem. §§ 662, 670 BGB bzw. §§ 677, 683 S. 1, § 670 BGB in Betracht kommen. In der Berufungsinstanz fehlt es hierzu schon an jedem substantiierten Vorbringen. Erstinstanzlich hatte der Beklagte zu 1 zwar behauptet, er habe als Bevollmächtigter für die Erbengemeinschaft Aufwendungen in Höhe von 5.738,60 DM gehabt (Bl. 70 d. A.). Hinzu kämen weitere 724,62 DM für Steuerberaterkosten, Porto, Telefon etc. sowie eine angemessene Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit nach Entzug de...