Leitsatz (amtlich)
Die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde über die Bestellung einer Grundschuld ist auch mit Blick auf die freie Abtretbarkeit von Grundschuld und gesicherter Forderung nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB (n.F.).
Grundschulden, die vor Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes erworben worden sind, können uneingeschränkt gutgläubig einredefrei erworben werden, was in dem Fall, in dem die Verbindung zwischen Grundschuld und gesicherter Forderung durch den Sicherungsvertrag verloren gegangen ist, die Zwangsvollstreckung in Höhe des Nennwerts der Grundschuld ermöglicht, auch wenn die gesicherte Forderung tatsächlich in geringerer Höhe valutiert.
Normenkette
ZPO §§ 767, 794 Nr. 5; BGB § 307 Abs. 1, § 1192 a.F.; EGBGB Art. 229 § 18
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen 10 O 95/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.10.2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Hildesheim unter Aufhebung des Ausspruchs zur (Hilfs-)Widerklage abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin insoweit wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt aus der notariellen Urkunde vom 13.3.1989 des Notars H. Sch. mit Amtssitz in H. (UR-Nr. ...) die Zwangsvollstreckung in ein der Klägerin gehörendes Grundstück, das an die C. GmbH verpachtet ist, die dort ein Alten- und Pflegeheim betreibt. Nach Umschreibung der Vollstreckungsklausel hat die Beklagte der Klägerin die Grundschuldbestellungsurkunde am 23.5.2008 zustellen lassen. Mit Beschluss des AG Hildesheim vom 23.6.2008 sind sowohl die Zwangsversteigerung als auch die Zwangsverwaltung angeordnet worden (Anlage K 18, AG Hildesheim, Az. - 25 K 61/08 und 25 L 27/08). Zwischenzeitlich sind beide Verfahren erst einstweilen eingestellt (Beschluss des AG Hildesheim vom 14.7.2008, Bl. 47 f. GA I) und später das Verfahren über die Zwangsverwaltung gem. § 28 Abs. 2 ZVG aufgehoben worden (Beschluss des AG Hildesheim vom 11.8.2008 - 25 L 27/08, Bl. 87 ff. GA I).
Die Klägerin und der im Jahr 2000 tödlich verunglückte J. K. - Ehemann der mittlerweile als Alleingeschäftsführerin der Klägerin tätigen B. K. - standen in langjähriger Geschäftsbeziehung zu der Volksbank Ke., die später in Volksbank M. eG umfirmierte (im Folgenden nur Volksbank). Die Volksbank gewährte der Klägerin Ende der 80-er Jahre ein Darlehen über 1.800.000 DM (Darlehens Nr. ... 08), das durch eine (Brief-)Grundschuld in gleicher Höhe - die o.g. notarielle Urkunde, in der sich die Klägerin als Grundstückseigentümerin zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr dingliches und persönliches Vermögen unterworfen hatte - abgesichert wurde (Anlage K 1 im Anlagenheft sowie Anlage B 1, Bl. 82 GA I). Nach der Sicherungszweckerklärung (Anlage S 16, Bl. 327 Bd. II d.A. des beigezogenen Vorprozesses 4 O 334/05 - LG Hildesheim), diente die Grundschuld darüber hinaus der Absicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung. Die Briefgrundschuld wurde gemäß Bewilligung vom 13.3.1989 am 28.3.1989 unter laufender Nr. ... in Abteilung III des Grundbuchs eingetragen. Die der in Rede stehenden Grundschuld im Range vorgehenden Grundpfandrechte valutieren derzeit noch i.H.v. ca. 8 Mio. EUR. Hauptgläubigerin ist die C. AG (ehemals die A. AG).
Das von der Volksbank an die Klägerin ausgezahlte Ursprungsdarlehen wurde später auf 500.000 DM reduziert, wobei gleichzeitig ein weiteres (Umschuldungs-) Darlehen i.H.v. 1.950.000 DM gewährt wurde (Darlehens Nr. ... 09). Der letztgenannte Darlehensvertrag wurde später prolongiert und aufgestockt.
Nach dem Tod des J. K. übernahmen seine Witwe, B. K., und ein befreundeter Rechtsanwalt, J. W. (Letzterer bis 2003), die Geschäftsführung der Klägerin. Am 13.12.2000 schlossen die Klägerin und die Volksbank eine Vergleichsvereinbarung (Anlage K 2, Anlagenheft), mit der nicht nur die Verbindlichkeiten der Klägerin, sondern auch diejenigen ihres früheren Geschäftsführers J. K. persönlich sowie die - der damals bereits gelöschten C. E. I. GmbH, deren geschäftsführender Mitgesellschafter J. K. ebenfalls gewesen war und für deren Verbindlichkeiten er sich verbürgt hatte, bereinigt werden sollten. Hiernach sollte die Klägerin sämtliche Forderungen, die der Volksbank ihr gegenüber zustanden bzw. dem verstorbenen J. K. gegenüber zugestanden hatten, durch Zahlung eines einmaligen Ablösebetrages i.H.v. 1.300.000 DM abgelten (§ 1). Unbeschadet der Ablöseregelung sol...