Leitsatz (amtlich)

Die Berufung gegen ein Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren, mit der allein die Feststellung einer Erledigung der Hauptsache erreicht werden soll, ist jedenfalls dann unzulässig, wenn der Berufungsführer durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass er dieser Entscheidung keine Eilbedürftigkeit beimisst.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 3 O 641/22 EV)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Verhandlungstermin vom 10.1.2023 wird aufgehoben.

4. Es ist beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens nach dem Kosteninteresse auf 5.092, 51 EUR festzusetzen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

I. Die Verfügungsklägerin (Klägerin) hat ursprünglich von den Verfügungsbeklagten verlangt, das Betreten des Grundstücks und die Verbreitung der Fotografien und/oder Videos aus dem Inneren des Gebäudes B... in D... zu unterlassen, nachdem am 18.3.2022 ein Artikel auf dem Portal www.xxx.de eingestellt worden war, der Bilder aus den Innenräumen dieses Gebäudes enthielt und dessen Verfasser der Verfügungsbeklagte zu 1) (Beklagter) war. Am 11. und 12.4 2022 gaben die Verfügungsbeklagten eine Unterlassungsaufforderung ab, über deren Reichweite die Parteien im erstinstanzlichen Verfügungsverfahren gestritten haben. Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 12.4/3.5. 2022 antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat es dieses Versäumnisurteil aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zwar habe ursprünglich ein Unterlassungsanspruch bestanden, dessen Voraussetzungen die Klägerin auch glaubhaft gemacht habe. Die Wiederholungsgefahr sei jedoch aufgrund der Unterlassungserklärung der Beklagten entfallen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie den Rechtsstreit zugleich für erledigt erklärt. Sie ist der Auffassung, das Landgericht hätte auf die beabsichtigte Änderung seiner Rechtsauffassung hinweisen müssen. Die erstmalige Darstellung dieser Auffassung im angefochtenen Urteil stelle ein erledigendes Ereignis dar, das sie auch im Berufungsrechtszug geltend machen könne. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

II. Die hier verfolgte Klageänderung ist in der Berufungsinstanz unzulässig. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die einseitige Erledigungserklärung eine gemäß § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung bildet, mit der von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - juris Rn. 8). Eine solche Klageänderung kann im Hauptsacheverfahren auch mit der Berufungseinlegung verfolgt werden und zwar auch dann, wenn der Kläger bereits in erster Instanz jedenfalls objektiv in der Lage gewesen wäre, die Erledigungserklärung abzugeben (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15 -, Rn. 31; Senat, Beschluss vom 16.7.2020 - 4 W 510/20; Zöller-Althammer, ZPO, 34. Aufl. § 91a Rn. 37). Daran ändert auch nichts, dass der Prozessgegner ankündigt, sich dem Erledigungsverlangen nicht anschließen zu wollen.

Im Verfügungsverfahren sind jedoch mit Blick auf dessen Besonderheiten Einschränkungen geboten. Hier ist als besondere Prozessvoraussetzung stets ein Verfügungsgrund, d.h. eine besondere Eilbedürftigkeit zu fordern, die abhängig von dem Rechtsschutzziel als Sicherungs-, Regelungs- oder Leistungsverfügung unterschiedlich ausgeprägt sein muss. Ist nur noch die Entscheidung über die Kosten zu treffen, liegt eine solche Eilbedürftigkeit aber nicht vor. In der Rechtsprechung umstritten ist daher, wie zu verfahren ist, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlusswege zurückgewiesen, der Gegner am Verfahren nicht förmlich beteiligt worden war und sodann die sofortige Beschwerde mit dem alleinigen Ziel eingelegt wird, die Erledigung des Verfügungsverfahren feststellen zu lassen. Während eine Meinung in der Rechtsprechung hier die Auffassung vertritt, eine sofortige Beschwerde sei in solchen Fällen stets unzulässig (OLG Hamm, Beschluss vom 25.10.1984 - 4 W 143/84 - juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.01.2001 - 6 W 60/00 n- juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 18.04.2002 - 3 W 36/02 - juris OLG Koblenz, Beschluss vom 18.12.2002 - 4 W 747/02 - juris, OLG Celle, Beschluss vom 09.03.2009 ...

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