Leitsatz (amtlich)
Die Erstbegehungsgefahr für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch liegt nicht vor, wen lediglich behauptet wird, der Antragsgegner werde "demnächst rufschädigende unwahre Tatsachenbehauptungen" über den Antragsteller aufstellen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 05 O 494/21) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 06.04.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 10.03.2021 - 5 O 494/21 - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin erbringt Dienstleistungen auf dem Gebiet des Online-Marketings. Der Antragsgegner - ehemaliger Kunde der Antragstellerin - brachte in einer an den Geschäftsführer der Antragstellerin gerichteten WhatsApp-Nachricht vom 01.02.2021 seinen Unmut über die aus seiner Sicht vorliegende Schlechtleistung der Antragstellerin zum Ausdruck und warnte sie weiter sinngemäß, er werde eine Online-Kampagne starten, in der er ihre Geschäftspraktiken anprangern werde, wenn sie, die Antragstellerin sich im Hinblick auf eine Vertragsanpassung nicht kompromissbereit zeige.
Die Antragstellerin leitet hieraus ihre Befürchtung ab, der Antragsgegner werde demnächst rufschädigende falsche Tatsachenbehauptungen über sie aufstellen. Es liege die Gefahr einer Erstbegehung einer sogenannten aggressiven geschäftlichen Handlung gemäß § 4 a Abs. 1 UWG vor.
Das Landgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr ursprüngliches Ziel vollumfänglich weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist sie der Auffassung, dass ihr ein Unterlassungsanspruch auf der Grundlage der §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zustehe. Die Befürchtung der Verbreitung unwahrer Tatsachen folge daraus, dass der Antragsgegner der Antragstellerin betrügerisches Verhalten vorwerfe.
Im Übrigen habe das Landgericht die Anforderungen an die Darlegungslast der Antragstellerin überspannt. Genauere Darlegungen seien der Antragstellerin nicht möglich und unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes auch nicht geschuldet.
II. 1. Die nach §§ 936; 922; 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig.
2. In der Sache bleibt sie indessen ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht sowohl Ansprüche nach dem UWG als auch einen Anspruch nach § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss, dort unter II. verwiesen.
Mit der sofortigen Beschwerde zeigt die Antragstellerin keine Gesichtspunkte auf, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen würden.
Die Antragstellerin kann zwar als juristische Person des Privatrechts auch Träger der in § 823 BGB genannten Rechte sein, insbesondere genießt sie den von § 823 BGB gewährleisteten Schutz am eingerichteten und ausgerichteten Gewerbebetrieb. Er ist in der Rechtsprechung als sonstiges Recht im Sinne von Abs. 1 anerkannt. Es handelt sich hierbei um einen offenen Auffangtatbestand, der eine sonst bestehende Lücke, insbesondere im gewerblichen Rechtsschutz schließen soll (BGH, NJW 2006, 830; Palandt-Sprau, BGB, 80. Aufl., § 823 Rz. 20). Dabei genießt die Antragstellerin als juristische Person privaten Rechts Persönlichkeitsschutz in dem Umfang, in dem durch ihr Wesen als Zweckschöpfung des Rechts ihre satzungsgemäßen Funktionen und ihre soziale Wertgeltung beschränkt wird (BGH, NJW 16, 1584, Rz. 11; Palandt-Sprau, a.a.O., § 823 Rz. 91 m.w.N.; Senat, Urteil vom 01.06.2018 - 4 U 217/18 und 4 U 218/18 - juris, Rz. 18).
Ein Unterlassungsanspruch setzt aber voraus, dass die Antragstellerin zumindest glaubhaft macht, der Antragsgegner werde sich in naher Zukunft in der bezeichneten Weise rechtswidrig verhalten (statt vieler: BGH, Urteil vom 09.10.1986 - I ZR 158/84; Wenzel, Handbuch des Äußerungsrechts, 6. Aufl., Kap. 12 Rz. 33 m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Antragsteller (Wenzel, a.a.O., Rz. 33 m.w.N.).
Zusätzlich muss die Antragstellerin im vorliegenden Fall zur Begründung des Unterlassungsanspruchs die Erstbegehungsgefahr darlegen. Bei der Geltendmachung dieses sogenannten "vorbeugenden" Unterlassungsanspruchs handelt es sich um den härtesten Eingriff in die Äußerungsfreiheit bei gleichzeitig stärkstem Schutz desjenigen, der eine Verletzungshandlung seitens des Äußernden befürchtet. Berechtigterweise stellt die Rechtsprechung deshalb erhöhte Anforderungen an die Darlegung der Erstbegehungsgefahr und fordert für deren Bejahung konkrete Tatsachen, die die Verbreitung und Absicht eines rechtswidrigen Eingriffs mit Sicherheit erkennen lassen. Bei einer vorbeugenden Unte...