Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frist für die Geltendmachung eines Gegendarstellungsanspruches.

2. Die nicht näher substantiierte Aussage, ein Politiker sei dem "Rausschmiss" aus seiner Partei durch seinen Austritt zuvorgekommen, stellt eine nicht gegendarstellungsfähige Meinungsäußerung dar.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 3 O 2108/16 EV)

 

Tenor

I. Nach Erledigung der Hauptsache werden die Kosten des Rechtsstreits dem Verfügungskläger auferlegt.

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem beide Parteien das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Das Urteil des LG als Vollstreckungstitel ist hierdurch weggefallen, einer klarstellenden Aufhebung bedurfte es nicht. Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf den Verfügungskläger (Kl.).

Bis zur Veröffentlichung der Gegendarstellung war der Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung nicht gegeben. Anders als die Beklagte annimmt, folgt dies jedoch nicht aus einem Verstoß gegen § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV, wonach die Gegendarstellung "unverzüglich... dem in Anspruch genommenen Anbieter schriftlich und von dem Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet", zugehen muss. Unverzüglich bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". Ob der Betroffene ohne schuldhaftes Zögern auf die Verbreitung der Gegendarstellung hingewirkt hat, beurteilt sich nach heute ganz herrschender Meinung nach den Umständen des Einzelfalles (OLG Stuttgart, ZUM 2000, 773; Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl. 25. Kapitel Rn 26 m.w.N.). Hierbei ist zwischen dem Interesse des Betroffenen an einer angemessenen Überlegungsfrist und dem Interesse der Medien an der Aktualität ihrer Inhalte abzuwägen. Liegen keine besonderen Umstände vor, ist für die Geltendmachung des Anspruchs auf Gegendarstellung eine Frist von 14 Tagen als angemessen anzusehen, wenngleich diese Frist keine Obergrenze darstellen darf (Senat, Urteil vom 26.10.2006 - 4 U 1541/06 -, juris). Vorliegend ist eine Kenntniserlangung der Beklagten vom Schreiben des Klägers vom 7.10.2016 innerhalb dieser 14-Tage-Frist unstreitig. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Gegendarstellung ihr auch schriftlich innerhalb dieser Frist zugegangen. Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 7.2.2017 ausgeführt:

"Die Unterschrift des Verfügungsklägers unter dem Schriftsatz vom 7.10.2016 (Anlage AS 2) genügte dem Schriftformerfordernis des § 56 Nr. 4 RStV SN, weil dieser Schriftsatz neben dem Begleitschreiben auch die Zuleitung der Gegendarstellung enthielt und die Gegendarstellung durch Einrücken und kursives Schriftbild deutlich von dem Begleittext und der Unterlassungsaufforderung abgegrenzt war. Dem Sinn des Unterschriftenerfordernisses, den Inhalt der Gegendarstellung endgültig und unbestreitbar festzulegen, die Verantwortlichkeit für ihren Inhalt zu klären und die Person des Entgegnenden kenntlich zu machen (Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl. Kap. 5 Rn 99 m.w.N.), trägt in einer solchen Konstellation auch eine Unterschrift Rechnung, die ein zusammengefasstes Schreiben einheitlich abschließt. Da § 56 Abs. 3 RStV SN weder die Aufnahme des Namens des Betroffenen noch die genaue Bezeichnung der beanstandeten Internetseite fordert, konnte die Gegendarstellung auch nicht wegen eines Fehlens dieser Angaben oder mangels unverzüglicher Zuleitung zurückgewiesen werden."

Hieran ist auch weiterhin festzuhalten. Anders als die Beklagte erstinstanzlich vertreten hat, ist nach § 56 Abs. 3 S. 3 RStV SN eine Gefährdung des Anspruches nicht glaubhaft zu machen, so dass es auf die Frage, ob die Durchsetzung des Anspruches eilbedürftig ist, nicht ankommt. Im Ausgangspunkt zutreffend ist schließlich zwar, dass das Gegendarstellungsverlangen die Stelle der bezeichneten Erstmitteilung nicht hinreichend bezeichnet. Die Angabe "M.. 24" lässt offen, ob hiermit die Druckausgabe oder die Internetseite gemeint ist, eine Veröffentlichung auf einer derartigen Seite konnte zudem bei Zugang des Schreibens nach dem 7.10.2016 nicht erfolgen, nachdem die Seite www.m.24.de umbenannt worden war. Hierauf kommt es jedoch im Anwendungsbereich des § 56 RStV nicht an. Im Gegensatz zu anderen Staatsverträgen verlangt diese Norm die Bezeichnung der beanstandeten Stellen nicht. Wenn keine Bezeichnung in der Gegendarstellung verlangt ist, kann diese nicht aufgrund des Fehlens einer solchen Bezeichnung zurückgewiesen werden, wenn die Gegendarstellung einer konkreten Ausgangsmeldung ohne großen Aufwand zugeordnet werden kann (Seitz/Schmidt Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl. Kap. VI Rn 128). Dies ist hier fraglos der Fall.

Die beanstandete Äußerung ist jedoch keine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung, sondern im Kontext des Artikels als Meinungsäußerung anzusehen. Die Abgrenzung zwischen Tatsache...

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