Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. DDR-Erbrecht
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 402 Abs. 1 Satz 2 ZGB betrug die Frist bei Erben mit Wohnsitz „außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik” (also auch für die Erben, die in der Bundesrepublik Deutschland lebten) für die Ausschlagung 6 Monate. Normzweck der Regel war – ähnlich wie der des § 1944 Abs. 3 BGB –, „den sich aus dem Umstand des Wohnsitzes außerhalb der DDR ergebenden Besonderheiten der Vorschrift Rechnung zu tragen”.
Normenkette
EGZGB § 11 Abs. 2; EGBGB Art. 235 § 1; ZGB DDR § 402; BGB § 1944
Verfahrensgang
LG Leipzig (Beschluss vom 22.12.1998; Aktenzeichen 12 T 9217/98) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 22.12.1998, Az: 12 T 9217/98, wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 375.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer weiteren Beschwerde dagegen, dass ihr (wiederholter) Erbscheinsantrag mit Beschluss des Amtsgerichtes vom 08.07.1998 zurückgewiesen wurde, im Wesentlichen mit der Begründung, ihre Ausschlagung aus dem Jahre 1976 sei verfristet gewesen.
Die Beschwerdeführerin ist die Tochter des am 27.11.1975 in Leipzig verstorbenen Erblassers E … J … P … K …. Der Erblasser hat kein Testament hinterlassen. Er war verwitwet und hatte außer der Beschwerdeführerin eine weitere Tochter, E … M … P K …. Zum Nachlass gehört ein Mietwohngrundstück in L …, K … straße. Ein weiteres Mietwohngrundstück in L …, L … straße, ist der Beschwerdeführerin mit bestandskräftigem Rückübertragungsbescheid im Jahre 1993 zurückübertragen worden.
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 10.02.1976, eingegangen beim Staatlichen Notariat L … am 06.03.1976 (Bl. 18 dA), hat die Beschwerdeführerin die Erbschaft ausgeschlagen. Sie lebte zum damaligen Zeitpunkt in R …, also in den alten Bundesländern. Nachdem auch die anderen gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen hatten (Bl. 1 f. dA), hat das Staatliche Notariat L … am 30.06.1976 zugunsten der DDR, vertreten durch den Rat der Stadt L …, einen Erbschein als Alleinerben erteilt (Bl. 28 Rs. dA).
Nachdem der Beschwerdeführerin und ihrer Schwester auf ihren Antrag vom 13.03.1991 (Bl. 48i dA) ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt worden war, da die Antragsteller im Antrag die erfolgte Ausschlagung nicht erwähnt hatten, sondern erklärt hatten, sie hätten die Erbschaft angenommen, wurde am 13.03.1991 ein Erbschein zugunsten der Beschwerdeführerin und ihrer Schwester erteilt, der am 08.07.1991 wegen Unrichtigkeit eingezogen wurde, nachdem sich herausgestellt hatte, dass beide Antragstellerinnen die Erbschaft ausgeschlagen hatten (vgl. Bl. 47i bzw. Bl. 8 neu dA).
Am 28.12.1990 (Bl. 30 neu dA) beantragte die Beschwerdeführerin privatschriftlich die Neuerteilung eines Erscheines zu ihren und ihrer Schwester Gunsten und focht hilfsweise die Versäumung der Ausschlagungsfrist an. Sie habe von dem Erbfall am 28.11.1975 erfahren. Sie trug vor, die DDR sei im Verhältnis zur BRD nicht als „Ausland” anzusehen i.S.d. § 1944 Abs. 3 BGB, so dass sich die Frist für die Ausschlagung aus § 1944 Abs. 1 BGB ergebe. Die Ausschlagung sei danach verfristet und sie Erbin geworden.
Diesen Antrag wiederholte sie mit notariell beglaubigter Erklärung vom 14.05.1997 (Bl. 121 – neu – dA). Zur Begründung führte sie ergänzend aus, ihr sei im Zeitpunkt der Ausschlagung bewusst gewesen, dass die Ausschlagung verfristet sei. Sie habe aber ausgeschlagen, um die noch in der DDR lebende Schwester nicht zu gefährden.
Im Grundstückskaufvertrag, notarielle Urkunde vom 12.11.1991 (Bl. 145 dA), hatte die Beschwerdeführerin ferner erklärt, sie habe die Erbschaft wegen der herrschenden politischen Verhältnisse und wegen Überschuldung ausgeschlagen (s. insbesondere Bl. 147 dA). Mit Schriftsatz vom 07.05.1998 hat die damalige Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin weiter vorgetragen und Auskünfte des Bundeskanzleramtes, des Bundesministers des Inneren und von Bundestagsabgeordneten vorgelegt, wonach die DDR seit ihrem Bestehen von der BRD staatsrechtlich nicht als Ausland anerkannt worden sei (S. 228 f. dA).
Mit Beschluss vom 08.07.1998 hat das Amtsgericht den Erbscheinsantrag vom 14.05.1997 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass im Rahmen der Anwendung des § 1944 BGB und der Abgrenzung der Begriffe Inland und Ausland im Wesentlichen darauf abzustellen sei, ob es sich um Gebiete gleicher Rechtsanwendung handele. Das sei bei DDR und BRD nicht der Fall gewesen. Es finde daher § 1944 Abs. 3 BGB mit der sechsmonatigen Ausschlagungsfrist Anwendung. Die Ausschlagung sei danach nicht verfristet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 08.07.1998 (Bl. 238 f. dA) verwiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 30.09.1998 (Bl. 248 dA) wurde mit Beschluss des Landgerichts vom 22.12.1998 zurückgewiesen. In dem Beschluss hat das Landgericht u.a. auf den Normzwec...