Verfahrensgang
AG Dresden (Aktenzeichen 302 F 2168/19) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dresden vom 17.05.2021 in den Ziffern 1. und 4. des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Dem Antragsteller wird die elterliche Sorge für das Kind A. H., geb. am ...2013, mit Ausnahme der Teilbereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht und Umgangsbestimmungsrecht, zur alleinigen Ausübung übertragen.
4. Dem Antragsteller und der Antragsgegnerin wird die elterliche Sorge für das Kind A. H., geb. am ...2013, in dem Teilbereich Aufenthaltsbestimmungsrecht zur gemeinsamen Ausübung übertragen.
Im Übrigen werden der Sorgerechtsantrag der Antragsgegnerin und ihre weitergehende Beschwerde betreffend die elterliche Sorge zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Für die erste Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die nicht verheirateten und getrenntlebenden Eltern des am ....2013 geborenen Kindes A. H.. Die elterliche Sorge stand der Antragsgegnerin ursprünglich allein zu. Das Kind lebt seit dem 02.12.2019 im Haushalt des Antragstellers.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht dem Antragsteller die elterliche Sorge für das Kind A. mit Ausnahme des Umgangsbestimmungsrechts übertragen. Gleichzeitig hat das Familiengericht der Antragsgegnerin das Umgangsbestimmungsrecht entzogen und insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zum Ergänzungspfleger hat es das Jugendamt bestellt. Ferner hat das Familiengericht den Umgang zwischen der Antragsgegnerin und ihrer Tochter A. geregelt und den Eltern aufgegeben, an einer Elternberatung teilzunehmen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie erreichen will, dass das Sorgerecht mit Ausnahme des Umgangsbestimmungsrechts auf die Eltern gemeinsam übertragen wird. Ferner hat sie ursprünglich eine Abänderung der Umgangsregelung dahingehend begehrt, dass ihr ein Umgangsrecht alle 14 Tage von Donnerstag in der geraden Kalenderwoche bis zum darauffolgenden Mittwoch zusteht. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, dass ein Eingriff in ihr Sorgerecht nicht gerechtfertigt sei. Die Kommunikation mit dem Antragsteller habe sich zwischenzeitlich wesentlich verbessert, darüber hinaus sei sie zur Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht bereit. Mit dem Aufenthalt ihrer Tochter A. bei dem Antragsteller sei sie zudem einverstanden, auch im Übrigen bestehe für eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Antragsteller keine Notwendigkeit. Das Familiengericht habe sich verfahrensfehlerhaft nicht mit den von ihr erhobenen Einwendungen gegen das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten befasst.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt die angefochtene Sorgerechtsentscheidung. Die Verfahrensbeiständin, das Jugendamt und die Ergänzungspflegerin befürworten ebenfalls eine Beibehaltung der Sorgerechtsentscheidung.
Der Senat hat die Eltern, das Kind, die Verfahrensbeiständin, das Jugendamt und die Ergänzungspflegerin angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll und den Anhörungsvermerk vom 08.02.2022 und auf das Kinderanhörungsprotokoll vom 01.03.2022 verwiesen.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben im Senatstermin am 08.02.2022 eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung geschlossen, die entsprechend dem ursprünglichen Antrag der Antragsgegnerin eine Verlängerung des vom Familiengericht angeordneten Regelumgangs um einen Tag vorsieht.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat nur insoweit Erfolg, als das Familiengericht dem Antragsteller auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB zur alleinigen Ausübung übertragen hat. Im Übrigen erweist sie sich als unbegründet.
Gegenstand der vom Senat zu treffenden Entscheidung ist allein noch das Sorgerecht für das Kind A., nachdem die Eltern im Senatstermin eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen haben. Dabei geht es in dem hier vorliegenden Hauptsacheverfahren nicht um eine etwaige Abänderung der vom Familiengericht mit Beschluss vom 26.11.2019 erlassenen einstweiligen Anordnung zum Sorgerecht, vielmehr ist über den Verfahrensgegenstand elterliche Sorge unter umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage neu in der Sache zu entscheiden (vgl. OLG Koblenz, FamRZ 2020, 1209, 1210; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 1092).
1. Das den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist. Der Schutz des Elternrechts...