Leitsatz (amtlich)
Keine Prozesskostenhilfe für InsOVerwalter, wenn die Berufung des Gegners mit Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1333/00) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, soweit die Beklagte Berufung eingelegt hat, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der klagende Insolvenzverwalter begehrt Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen die Berufung der Beklagten.
Der Kläger stützt sich im Wesentlichen darauf, ihm sei kraft Gesetzes Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Hinweis des Senats vom 02.08.2006, er beabsichtige, die Berufung der Beklagtenseite im Beschlusswege (§ 522 Abs. 2 ZPO) zurückzuweisen, sei unerheblich, da ab Rechtsmittelbegründung Prozesskostenhilfe zu gewähren sei. Etwas anderes könne nur gelten, wenn das Berufungsgericht unmittelbar nach Eingang der Berufungsbegründung auf die beabsichtigte Verfahrensweise hinweisen würde. Anders als bei der Zulässigkeitsprüfung (§ 522 Abs. 1 ZPO) bedürfe es hier der Mitwirkung des Rechtsmittelgegners. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 18.08.2006 (GA 866 ff.) verwiesen.
Eine Verteidigung des Klägers gegen die Berufung ist nicht notwendig. Ohne eine Aufforderung des Gerichts konnte er bei vernünftiger Abwägung und unter Berücksichtigung des Kostenrisikos nicht davon ausgehen, dass er tätig werden musste. Dies gilt umso mehr, als es sich beim Kläger um einen Rechtsanwalt handelt.
Dem Recht der Prozesskostenhilfe liegt zugrunde, dass Unbemittelten bei vernünftiger Abwägung ihrer Prozessaussichten unter Berücksichtigung des Kostenrisikos der Rechtsschutz ermöglicht wird (vgl. BVerfGE 81, 347 ff.; Philippi in Zöller, ZPO, 25. Aufl., vor § 114 Rn. 1 m.w.N.).
Eine vernünftige, kostenbewusste Partei wird jedenfalls erst dann einen Rechtsanwalt beauftragen, wenn sie dazu Veranlassung hat. Dies ist weder ab Kenntnis der eingelegten Berufung, noch ab Kenntnis der eingelegten Berufungsbegründung der Fall. Vielmehr sind alle Rechte der armen Partei dann gewahrt, wenn sie sich - nach einer gerichtlichen Aufforderung - innerhalb der gesetzlichen Fristen zu äußern vermag.
Soweit hiergegen eingewendet wird, dies gelte nur dann, wenn das Berufungsgericht nicht unmittelbar nach Eingang der Berufungsbegründung darauf hinweist, dass es die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen will (so der Kläger im Umkehrschluss aus OLG Nürnberg, MDR 2004, 961) geht dies aus zwei Gründen fehl. Zum einen hier deswegen, weil der Kläger nicht durch das Gericht, sondern durch eine Mitteilung seitens der Beklagten von der Berufungsbegründung erfahren hat. Zum anderen deswegen, weil der Kläger als Rechtsanwalt genau weiß, dass auch eine existente Berufungsbegründung von ihm kein Tätigwerden erfordert.
Soweit angeführt wird, dass der armen Partei ihr Einflussrecht auf den Prozess nicht genommen werden darf (vgl. OLG Rostock vom 03.11.2004, 6 U 71/04; ähnlich OLG Koblenz, NJW 2003, 2001), trifft dies nicht zu. Im Gegenteil: Die "Einflussnahme" des Berufungsgegners ist gerade nicht erforderlich, wenn das Gericht die Zurückweisung oder die Verwerfung prüft. Sollte das Gericht hier einer Unterstützung bedürfen (gerade davon geht allerdings das Zurückweisungsrecht in § 522 Abs. 2 ZPO ebenso wenig aus wie in Abs. 1), wird es dies der armen Partei dann mitteilen, woraufhin diese sich äußern mag.
Demzufolge sind auch die Ansätze, wonach die arme Partei von Verfassungs wegen auch in diesen Fällen Einfluss auf den Prozess nehmen können soll, weder von den Vorschriften über die Zurückweisung der Berufung, noch von denen über die Gewährung der Prozesskostenhilfe gedeckt. Eine verständige und kostenbewusste Partei wird allerdings - zumal, wenn sie selbst Anwalt ist - solange zuwarten, bis die Rechtsverteidigung tatsächlich notwendig wird.
Fundstellen