Leitsatz (amtlich)
1. Streitigkeiten aus einem von einem Landwirt mit einem Dritten eingegangenen Bewirtschaftungsvertrag unterfallen dem Deckungsschutz der Rechtsschutzversicherung für Landwirte.
2. Lehnt der Rechtsschutzversicherer seine Leistung ohne Hinweis auf ein Gutachterverfahren allein deswegen ab, weil nach seiner Einschätzung kein unter den Versicherungsschutz fallendes Ereignis vorliegt, ist er mit Einwendungen gegen die Höhe des Anspruchs aufgeschlossen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 2322/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 05.02.2019 - Az.: 3 O 2322/18 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Verbindlichkeit aus der Kostennote des Rechtsanwaltes M... T... vom 10.07.2018 i.H.v. 1513,44 EUR freizustellen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die klageweise Geltendmachung von Forderungen aus den Rechnungen 2015-1 bis 2015-6, 2016-1 bis 2016-5, 2017-1 bis 2017-5 und 2018-9 gegen Herrn H... A... E... bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag - Versicherungsnummer: 63-08531-227160/00 - zu gewähren.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte zu 7/10, der Kläger zu 3/10
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für die I. Instanz wird auf bis zu 19.000,- Euro festgesetzt. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 9.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2; 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)
I. Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger kann von der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag sowohl die Freistellung von der aus einer anwaltlichen Kostennote seines Prozessbevollmächtigten resultierenden Verbindlichkeit als auch Deckungsschutz für die unter Ziffer 2 seines Klage- und Berufungsantrages im Einzelnen bezeichneten Forderungen verlangen.
1. Der ohne betragliche Festlegung allein auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung bestimmungsgemäßen Versicherungsschutzes gerichtete Antrag ist - anders als die Beklagte meint - genügend bestimmt. Ausreichend und notwendig ist insofern, dass das Rechtsverhältnis, aus dem der Versicherungsnehmer gegen einen Dritten vorgehen will, hinreichend genau bezeichnet ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 19.02.2003 IV ZR 318/02; Roland Wendt, "Die neuere Rechtsprechung des BGH zur Rechtsschutzversicherung" in MDR 2010, 786 f.; Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 20 ARB 2010 Rdz. 11, 12 m.w.N.; BGH Urteil vom 19.11.2008 - IV ZR 305/07 juris Leitsatz 2). Hierfür sind Antrag und Sachverhalt zur Bestimmung des Streitgegenstandes heranzuziehen. Im Rahmen des Deckungsverhältnisses zur Rechtsschutzversicherung genügt es, wenn der Rechtsschutzversicherte einen objektiven Tatsachenkern vorträgt, mit dem er dem Vertragspartner einen zu seiner Forderung führenden Verstoß anlastet, auf den er seine Interessenverfolgung stützt (Wendt, a.a.O. Seite 789 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Vorliegend lässt sich dem Klageantrag Ziff. 2 entnehmen, dass der Kläger gegen Herrn H... E... aus den im Einzelnen bezeichneten Rechnungen vorgehen will. Dem zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Parteivorbringen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass Grundlage des behaupteten Anspruchs der Bewirtschaftungsauftrag vom 8.10.2014 ist und dass der Kläger die in den Anlagen K 3 und K4 dokumentierten Leistungen und Mittel erbracht und eingesetzt haben will. Dies reicht zur Bestimmung des Rechtsverhältnisses, für das Deckungsschutz begehrt wird, aus.
Das erforderliche Feststellungsinteresse für diesen Antrag ist nicht wegen Vorrangs der Leistungsklage ausgeschlossen. Eine auf Kostenbefreiung gerichtete Leistungsklage ist erst dann möglich und auch nötig, wenn der Versicherungsnehmer vor der Deckungsschutzklage bereits die Haftungsklage erhoben hatte. Es entfällt hingegen nicht, wenn eine solche Klage erst im Laufe des Deckungsprozesses erhoben wird und auf dieser Grundlage die Anspruchshöhe im Haftungsprozess genau bestimmt werden könnte. Eine Klageänderung zu einer Leistungsklage ist hier nicht geboten (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl., § 20 ARB, Rz. 12; BGH Urteil vom 30.01.1969 - X ZR 19/66; Urteil vom 20.10.1982 IVa ZR 48/81 m.w.N.; vgl. auch OLG Köln, B. v. 31.10.2018 - 9 U 87/18, jeweils nach juris).
2. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem o.a. Bewirtschaftungsvertrag stellt gem. § 27 der zwischen den Parteien vereinbarten ARB ein versichertes Risiko dar. Versicherungsschutz besteht hiernach "für den beruflichen Bereich des Versicherungsnehmers als Inhaber des im Versicherungsschein bezeichneten land- und/oder forstwirtschaftlichen Betri...