Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung im privaten Bereich: Abgrenzung zum beruflichen Bereich beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen
Leitsatz (amtlich)
Der einmalige Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer GbR durch einen Landwirt mit dem Ziel, den einzigen Vermögensgegenstand der GbR, ein Mehrfamilienhaus, gemeinsam mit anderen gewinnbringend zu veräußern, ist selbst dann nicht als gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbstständige Tätigkeit im Sinne von § 28 Abs. 1a ARB 94 anzusehen und deshalb dem privaten Bereich im Sinne von § 27 Abs. 1 ARB 94 zuzuordnen, wenn der Erwerb der Gesellschaftsanteile gänzlich durch Fremdmittel finanziert wurde.
Normenkette
ARB 94 § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1a
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 370/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 27.10.2000 (11 O 370/00) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmitttels abgeändert:
Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. aus M. für folgenden Antrag bewilligt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zu Schadensnummer 5000000077/52 Rechtsschutz für dessen Klage gegen die S. Sparkasse Bank AG entsprechend der bereits bei dem LG T. zu dem Aktenzeichen 1 O 2261/00 eingereichten Klageschrift vom 14.8.2000 zu gewähren hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfegesuchs ist weitgehend begründet. Seine Feststellungsklage auf Deckungsschutz aus der bei der Beklagten unterhaltenen Rechtsschutzversicherung hat Aussicht auf Erfolg, seine Zahlungsklage hingegen nicht (§ 114 ZPO).
1. Der Kläger nimmt die S. Sparkasse Bank AG in einem Rechtsstreit vor dem LG T., Abs. 1 O 2261/00), der mit einem Prozesskostenhilfeantrag eingeleitet wurde, auf Schadensersatz in Anspruch, weil die S. Sparkasse sich ihm ggü. bei dem Kauf von Gesellschaftsanteilen der K. GbR und dem hierzu gewährten Darlehen fehlverhalten habe. Der Streit der Parteien, ob die Verfolgung dieses Anspruchs vom Versicherungsschutz des Klägers umfasst ist, war in dessen Sinne zu entscheiden.
Nach § 27 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 94) besteht Versicherungsschutz für den beruflichen Bereich des Klägers als Landwirt sowie für den privaten Bereich und die Ausübung nichtselbstständiger Tätigkeiten. Unstreitig stand der Erwerb der Gesellschaftsanteile nicht in Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen oder einer nichtselbstständigen Tätigkeit des Klägers; sie gehört jedoch dem privaten Bereich an. Der private Bereich i.S.d. § 27 Abs. 1 ARB 94 ist in Abgrenzung zum beruflichen Bereich zu bestimmen: Was der Versicherungsnehmer nicht als gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbstständige Tätigkeit i.S.v. § 28 Abs. 1a ARB 94 versichern kann oder was nicht zur landwirtschaftlichen oder nichtselbstständigen Tätigkeit gehört, ist dem privaten Bereich zuzurechnen (vgl. für eine ähnliche Fallgestaltung in älteren Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen: BGH v. 23.9.1992 – IV ZR 196/91, MDR 1992, 1132 = VersR 1992, 1510).
Eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn ein berufsmäßiger Geschäftsbetrieb vorhanden ist, der von der Absicht dauernder Gewinnerzielung beherrscht wird (vgl. BGH v. 23.9.1992 – IV ZR 196/91, MDR 1992, 1132 = VersR 1992, 1510). Vorliegend fehlt es schon an der Dauerhaftigkeit der Gewinnerzielungsabsicht. Die Beklagte trägt nämlich selbst vor, dass der Kläger und seine Mitgesellschafter die Gesellschaftsanteile nur erworben haben, um den einzigen Vermögensgegenstand der K. GbR, ein Mehrfamilienhausgrundstück zu erwerben und anschließend gewinnbringend zu veräußern. Auch wenn sich die Abwicklung des Geschäftes über einen längeren Zeitraum hinziehen mag, so ist es doch nicht auf Dauer, sondern vielmehr auf eine einmalige Gewinnchance hin angelegt.
Überdies erfordert die Verwaltung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten und einer Gewerbeeinheit noch keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb, der etwa bei Notwendigkeit der Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte anzunehmen ist (vgl. BGH v. 23.9.1992 – IV ZR 196/91, MDR 1992, 1132 = VersR 1992, 1510). Jedenfalls hat die Beklagte, wie es ihr oblegen hätte, nichts zu Art und Umfang eines klägerischen Geschäftsbetriebes vorgetragen. In diesem Sinne hat auch das OLG Oldenburg mit Urt. v. 30.8.1995 (OLG Oldenburg v. 30.8.1995, r + s 1995, 463) für den Fall der Verwaltung von sieben Immobilien entschieden.
Der Erwerb der Gesellschaftsanteile hat auch nicht etwa deshalb den privaten Bereich verlassen, weil er gänzlich durch Fremdmittel finanziert wurde. Der Senat ist nämlich der Auffassung (entgegen OLG Hamm v. 7.2.1992 – 20 U 237/91, VersR 1992, 821 [822]), dass Art und Umfang der Finanzierung eines Geschäftes allein nichts darüber aussagen, ob es der privaten Vermögensverwalt...