Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 2500/19) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 29.01.2020, Az. 07 O 2500/19, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Leipzig sind für die Beklagte zu 2) vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf bis zu 22.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger erwarb am 25.02.2019 von der Beklagten zu 1) einen gebrauchten PKW Skoda Rapid TDI bei einem Kilometerstand vom 15.001 km (Erstzulassung 19.07.2018) für 17.945,00 EUR brutto und nahm - unter anderem zur Finanzierung dieses Kaufpreises - einen Kredit über einen Nettodarlehensbetrag von 29.432,93 EUR auf. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten zu 2) hergestellten Dieselmotor des Typs EA 288 (1.598 ccm Hubraum, 85 KW) ausgestattet und soll der Emissionsklasse EU 6 entsprechen.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Beklagte zu 1) auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und die Beklagte zu 2) auf Schadenersatz in Anspruch genommen mit der Behauptung, die Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung, einem sog. "Thermofenster", versehen, durch welche die Wirkung des Emissionskontrollsystems (die Abgasrückführung) in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur in unzulässiger Weise verringert werde.
Auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem im Tenor genannten Urteil gegen beide Beklagte abgewiesen. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei - anders als die mit dem Motortyp EA 189 und Prüfstandserkennung ausgestatteten Modelle - nicht vom sogenannten Abgasskandal betroffen. In der Ausstattung mit einem sog. "Thermofenster" liege nicht ohne weiteres eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO (EG) 715/2007. Die Auslegung dieser Vorschrift sei kontrovers, die Gesetzeslage nicht unzweifelhaft oder eindeutig und die Auslegung, dass ein "Thermofenster" eine zulässige Abschalteinrichtung sein könne, jedenfalls nicht unvertretbar. Jedenfalls könne keine Sittenwidrigkeit festgestellt werden, denn ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes könne nicht als besonders verwerflich angesehen werden. Selbst wenn ein Thermofenster letztlich objektiv als unzulässig einzustufen sein sollte, könnte daher nicht festgestellt werden, dass die für die Beklagten verantwortlich Tätigen den Motor EA 288 in dem Bewusstsein auf den Markt gebracht haben, möglicherweise gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen, einen Gesetzesverstoß aber billigend in Kauf nahmen.
Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger lediglich gegen die Abweisung seiner Klage gegen die Beklagte zu 2) (im Folgenden nur noch: Beklagte).
Er meint, das Landgericht überspanne rechtsfehlerhaft die Anforderungen an einen substantiierten Klagevortrag und verkenne, dass die Beklagte für die Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung die Darlegungs- und Beweislast trage. Der Vortrag, wonach das streitgegenständliche Fahrzeug eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung aufweise, die in Abhängigkeit von der Außenlufttemperatur und der Drehzahl dafür sorge, dass außerhalb eines Temperaturfensters von 20°C bis 30°C und bei einer Motordrehzahl von über 2400 Umdrehungen/Minute die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems sinke und die Stickoxidemissionen stiegen, sei ausreichend substantiiert. Das sei weder notwendig, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen, noch um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten und damit unzulässig i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007. Das vorhandene Thermofenster knüpfe an die Bedingungen im NEFZ an. Die Fahrzeuge seien vor dem Test mindestens 6 Stunden einer relativ konstanten Temperatur von 20°C bis 30 °C auszusetzen. Erst nach dieser Konditionierung werde die Abgasmessung im NEFZ durchgeführt. Die Abschalteinrichtung agiere also in Abhängigkeit von den Prüfstandsbedingungen.
Der Kläger ist der Auffassung, das Landgericht habe zumindest eine Beweiserhebung durchführen müssen, zumal er Sachverständigenbeweis angeboten habe. Unbeachtlich sei, ob das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) einen Rückruf für das streitgegenständliche Fahrzeug erlassen habe. Aus dem Umstand, dass viele Hersteller temperaturgesteuerte Abschalteinrichtungen, sog. "Thermofenster", installiert haben, könne nicht geschlossen werden, dass diese ohne weiteres zulässig seien.
Auch habe er ausdrücklich bestritten, dass die Beklagte dem KBA die Funktionsweise und Ausgestaltung der Abgasrückführung in der streitgegenständlichen Motorenreihe erläutert habe und dass das KBA nachfolgend diese als zulässig eingestuft habe. Vielmehr ha...