Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 769/20)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 07.12.2020 - 4 O 769/20 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Chemnitz sind vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 9.742,27 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadenersatz im Zusammenhang mit dem sog. Diesel-Abgasskandal. Er erwarb am 08.05.2015 einen gebrauchten PKW ... bei einer Laufleistung von 17.580 km zum Preis von 21.650 EUR brutto. Das von der Beklagten hergestellte Fahrzeug ist mit einem ebenfalls von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 288 versehen und soll der EU-5-Abgasnorm entsprechen. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe diesen Motor mit einer prüfstandsbezogenen unzulässigen Abschalteinrichtung versehen, mit deren Hilfe das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) getäuscht, die Typgenehmigung erschlichen und ihn, den Kläger, vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wird verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 07.12.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Chemnitz, Az.: 4 O 769/20,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.742,27 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs ... mit der FIN ....

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des im Klageantrag zu Ziffer 1. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Kosten für die Rechtsverfolgung in Höhe von 1.829,70 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen und von der Abfassung eines Tatbestandes gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen, da gegen dies Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist.

B. Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I. Dem Kläger steht kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weder aus § 826 BGB noch aus einer anderen deliktischen (oder sonstigen) Anspruchsgrundlage.

1. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung der Beklagten für den Vertrieb von Fahrzeugen mit dem Motortyp EA189 wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB beruht darauf, dass die Beklagte Fahrzeuge in Verkehr gebracht hat, die nicht über eine dauerhaft ungefährdete Betriebserlaubnis verfügten, weil dieser Motor - wie die Beklagte wusste, aber verschwiegen hat - eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer "Umschaltlogik" (Prüfmodus / Fahrmodus) aufwies, mit deren Hilfe dem KBA vorgespiegelt worden war, Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 würden auf dem Prüfstand unter denselben Motorbedingungen betrieben wie im normalen Fahrbetrieb. Mit Hilfe jener "Umschaltlogik" hatte die Beklagte aufgrund einer strategischen unternehmerischen Entscheidung das KBA über die Einhaltung der gesetzlichen Abgaswerte getäuscht, um die Typgenehmigung auf kostengünstigem Weg zu erhalten - weshalb das Risiko bestand, dass die Zulassungsbehörde im Falle des Bekanntwerdens der "Umschaltlogik" eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV vornehmen könne, weil das Fahrzeug wegen der gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FZV) entsprach oder jedenfalls korrigierende Nebenbestimmungen erlassen würde, bei deren Nichterfüllung die Stilllegung des Fahrzeugs in Betracht kam (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19 -, Rn. 54 f., juris). Solch ein Risiko hätte jeden vernünftigen Käufer von dem Erwerb eines solchen Fahrzeugs Abstand nehmen lassen.

2. Dass solche Umstände hier in Bezug auf den im Fahrzeug des Klägers verbauten Motortyp EA 288, Emissionsklasse EU 5, vorliegen, kann nicht festgestellt werden. Für die entsprechende Behauptung sind dem Vortrag des Klägers keine ausreichend schlüssigen und greifbaren Anhaltspunkte zu entnehmen.

Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist zwar bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Es ist einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich halten darf. Dies ...

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