Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 7 O 1745/21)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 02.03.2022 - 7 O 1745/21 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Dieses Urteil sowie nunmehr auch das Urteil des Landgerichts Dresden vom 02.03.2022 - 7 O 1745/21 - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 18.340,14 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin wegen unzulässigen Abschalteinrichtungen in seinem Fahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Er erwarb auf Grund Kaufvertrags vom 14.12.2015 einen PKW VW Golf Sportsvan 1.6 l TDI, 81 kW mit einer Laufleistung von 12.828 km zu einem Kaufpreis von 23.850,00 EUR (Anl. K 1). Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten EA 288-Dieselmotor mit einem NOx-Speicherkatalysator (künftig: NSK) ausgestattet, der der Schadstoffklasse EU 6 unterliegt.

Der Kläger hat erstinstanzlich insbesondere geltend gemacht, dass im gegenständlichen Motor des Typs EA288 eine Software verbaut sei, die bewirke, dass im normalen Straßenbetrieb, in Temperaturbereichen unter 5 Grad Celsius, das dreifache an Stickoxid ausgestoßen werde, als das für das Fahrzeug mit EU 6 (80 mg/km) Abgasnorm zulässig sei. So reduziere sich die Abgasreinigung beim Unterschreiten einer Temperatur von ca. 17 Grad Celsius und ab einer Außentemperatur unterhalb von ca. 5 Grad Celsius finde keinerlei Abgasreinigung mehr statt. Dieses sog. Thermofenster sei eine unzulässige Abschalteinrichtung. Zudem sei in dem Fahrzeug eine unzulässige Fahrkurvenerkennung verbaut, die bewirke, dass das Fahrzeug nur auf dem Prüfstand in einem abgasoptimierten Modus arbeite. Diese Fahrkurvenerkennung sorge dafür, dass das Fahrzeug nach 1200 Sekunden in einen anderen, schmutzigen Abgasmodus wechsele. Das On-Board-Diagnose-System des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei derart manipuliert, dass keine Fehlermeldung im Bordcomputer des Fahrzeugs angezeigt werde trotz eines dauerhaften Stickoxidausstoßes von mehr als 80 mg/km.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, dass im Motorsteuerungsgerät des streitgegenständlichen Fahrzeugs zwar eine Fahrkurvenerkennung hinterlegt sei, diese aber keinen Einfluss auf die Emissionen des Aggregats habe, vielmehr sicherstelle, dass vergleichbare Messergebnisse erzielt werden können. So sei bis zum Modelljahreswechsel in der Kalenderwoche 22 des Jahres 2016 die NSK-Regeneration im realen Straßenbetrieb je nach Fahrprofil bei den EA288 EU6-Motoren strecken- und beladungsgesteuert ca. alle 5 gefahrene km bzw. nach voller Beladung vollzogen worden, je nachdem, welches Ereignis vorher eingetreten sei (gefahrene Strecke oder volle Beladung). Aufgrund dieser ca. alle 5 km erfolgenden Regenerationsintervalle würde die Anzahl der Regenerationen, die während des gesetzlichen Prüfzyklus NEFZ (11 km) gefahren werden, davon abhängen, in welchem Beladungszustand der NSK sich zu Beginn des Prüfzyklus befindet: Sei der NSK leer oder fast leer, könne es während des NEFZ-Prüfzyklus nach Erreichen der jeweiligen ca. 5 km Strecke zu zwei Regenerationen kommen. Sei der NSK voll oder fast voll, könne dies während des NEFZ-Zyklus zu drei Regenerationen führen. Die Messergebnisse zwischen diesen beiden Fällen eines anfänglich nahezu leeren und vollen NSK seien nicht vergleichbar, da sich zum einen die Anzahl der Regenerationen auf CO2- und Schadstoffemissionen auswirken. Zum anderen stelle nur ein Test mit anfänglich leerem NSK sicher, dass der Test tatsächlich diejenigen NOx-Emissionen widerspiegele und repräsentativ abbilde, die von Beginn bis zum Ende des Zyklus entstehen, während im zweiten Fall noch NOx-Emissionen aus einem vorangegangenen Fremd-Zyklus regeneriert würden. Eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters liege schon aufgrund des bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug extrem weiten Thermofensters zwischen -24 °C bis +70 °C nicht vor. Innerhalb dieses Thermofensters gebe es keine kontinuierliche Abstufung in Abhängigkeit zur Außentemperatur, also keine schrittweise Reduktion der Abgasrückführungsrate, die üblicherweise auch als sog. Abrampung bezeichnet werde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht Dresden hat die Klage mit Urteil vom 02.03.2022 abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er verfolgt seinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte weiter. Diese habe den Motor des Fahrzeugs mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen, mit deren Hilfe sie das Kraftfahrt-Bundesamt (künftig: KBA) getäuscht, die Typengenehmigung erschlichen und ihn, den Kläger, vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe. Insbesondere habe die Beklagte eine Software verbaut, die bewirke, dass in Temperatur...

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