Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 09 O 2910/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 18.10.2021, 09 O 2910/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.043,90 EUR bis zum 20.12.2021 und ab 21.12.2021 auf 4.787,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Motorenherstellerin Schadensersatz wegen angeblicher Abgasmanipulationen im Motor ihres Fahrzeugs.

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 17.04.2018 den am 1.12.2014 erstmals zugelassenen PKW des Typs Audi, A 4, Allrad, 2.0 TDI, 140 kW zu einem Kaufpreis von 19.150,00 EUR bei einem Kilometerstand von 130.000 km. In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA 288 (EU 6) der Beklagten mit SCR-Katalysator verbaut. Das Fahrzeug verfügt über eine Fahrkurvenerkennung.

Im realen Fahrbetrieb wird oberhalb einer Betriebstemperatur von 200° auf einen Betriebsmodus mit geringer Abgasrückführungsrate gewechselt, da der SCR-Katalysator wesentlich zur NOx-Reduktion beiträgt. Im NEFZ wird auch nach Erreichen dieser Betriebstemperatur des SCR-Katalysators die Umschaltung auf die geringe Abgasrückführungsrate unterbunden. Ferner bewirkt die Fahrkurvenerkennung eine Eindosierung von AdBlue in den SCR-Katalysator bereits ab einer Betriebstemperatur des Katalysators von ca. 130 °C im NEFZ anstelle von 150 °C im realen Straßenbetrieb.

Das Kraftfahrtbundesamt hat diese Funktionsweise nicht als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet, da die betroffenen Fahrzeuge auch nach Entfernung der Fahrkurvenerkennung im Prüfstand die Grenzwerte für NOx einhalten würden. Ein Rückruf des Fahrzeugs ist nicht erfolgt.

Mit vorgerichtlichen Schreiben vom 13.1.2020 (Anlage K 22) hat die Klägerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten die Beklagte aufgefordert, Schadensersatzansprüche bis zum 27.01.2020 anzuerkennen.

Am 7.9.2021 betrug der Kilometerstand 166.451 km.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Fahrkurve stelle eine unzulässige Prüfstanderkennungssoftware dar. Aufgrund der erheblichen Grenzwertüberschreitungen im realen Fahrbetrieb stehe fest, dass die Software anhand verschiedener Parameter erkenne, ob sich das Fahrzeug im Zyklus befinde und dann die Abgasrückführung erhöhe, sodass die Stickoxid-Werte gesenkt würden. Außerhalb des Zyklus werde die AGR jedoch verringert. Dies verdeutlichten die Messungen der DUH bei einem Audi A3 (Bl. 155 der Akte).

Bei den Prüfungen des BMVI und des KBA in der Untersuchungskommission Volkswagen seien Testfahrzeuge der Beklagten verwendet worden, bei denen durch Softwareupdates heimlich alle unzulässigen Abschalteinrichtungen unkenntlich gemacht worden seien. Auch hätten die Messungen lediglich 1180 Sekunden gedauert, sodass sie gar nicht geeignet gewesen seien, Abschalteinrichtungen zu finden. Für das KBA sei die komplexe Software der Beklagten auch nicht durchschaubar gewesen. Entsprechende Untersuchungen habe das KBA nicht durchgeführt. Hinsichtlich des SCR-Katalysators habe sich die Beklagte, wie andere Hersteller, für zu kleine Tanks entschieden. Sie habe ferner die Dosierung von AdBlue in der Weise manipuliert, dass sich der Tank nur sehr langsam leere. Der Verbrauch von AdBlue sei per Manipulation für den Straßenbetrieb gedrosselt worden. Lediglich im Zyklus werde zu einem Zeitpunkt vor Erreichen der Arbeitstemperatur des SCR-Katalysators AdBlue zugeführt, sodass dieser künstlich in Betrieb genommen werde. Es werde suggeriert, dass der Katalysator früher arbeite, als dies in der Realität der Fall sei. Außerdem sei ein unzulässiges Thermofenster eingebaut worden, weshalb die Abgasreinigung nur zwischen Temperaturen von 10 °C und 32 °C stattfinde. Das von der Beklagten benannte weite Thermofenster werde bestritten. Dies sei in Betracht der bisherigen Angaben der Beklagten zur Weite ihrer Thermofenster nicht plausibel. Auch oberhalb von 1000 m sei die Abgasreinigung ausgeschaltet. Im realen Straßenverkehr könne das Fahrzeug daher die Abgasgrenzwerte nicht einhalten. Mit dem Abschluss des Kaufvertrages sei die Klägerin daher geschädigt worden. Der Vorstand und die Leiter der Entwicklungsabteilungen der Beklagten hätten die Manipulation der Motorsoftware beschlossen. Mittlerweile gebe es auch einen Rückruf des KBA unter dem Code 23Z7. Mit sogenannten freiwilligen Software-Updates versuche die Beklagte, einem Rückruf zuvorzukommen. Dabei entferne die Beklagte nicht die unzulässigen Abschalteinrichtungen, sondern gestalte sie lediglich komplexer aus, um ihre Entdeckung zu erschweren. Die Klägerin wisse nicht, ob und wann ein solches Update bei Ihrem Fahrzeug durchgeführt worden sei.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Motor EA 288 enthalte keine unzulässigen Abschalteinrichtungen. Eine optimierende Funktion, die erforderlich wäre, um die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte im P...

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