Leitsatz (amtlich)
Das Inverkehrbringen eines Kraftfahrzeugs, dessen Dieselmotor mit einem "Thermofenster" ausgerüstet ist, stellt keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Käufers dar. Es kann dabei offen bleiben, ob ein "Thermofenster" eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Artikel 5 Absatz 2 VO (EG) Nr. 715/2007 ist.
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 6 O 86/18) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz, Außenkammern Bautzen, vom 19.02.2019, 6 O 86/18, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil und das unter I. genannte Urteil des Landgerichts Görlitz, Außenkammern Bautzen, sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 43.317,88 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil er meint, dass sein Fahrzeug vom sogenannten ...-Abgasskandal betroffen sei.
Er erwarb am 17.08.2015 einen Pkw ... (EU 5) für 49.890,00 EUR. Er leistete eine Anzahlung von 8.000,00 EUR und finanzierte den Restbetrag durch ein Darlehen bei der ... Bank. Herstellerin das Fahrzeugs und des Motors war die Beklagte.
Der Senat nimmt im Übrigen Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend ist anzuführen, dass das Fahrzeug von einem Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes in Bezug auf sein Abgasverhalten nicht betroffen ist.
Erstmals in der Berufungsinstanz tragen die Parteien vor, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem sogenannten Thermofenster versehen ist. Hiermit wird eine außentemperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführungsrate bezeichnet. Die Abgasrückführung wird von Automobilherstellern seit langem zur Vermeidung von Stickoxid-Entstehung eingesetzt. Hierzu wird Abgas des Fahrzeugs über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet. Es ersetzt dort einen Teil der Frischladung. Dadurch wird eine Absenkung der Verbrennungstemperatur erreicht, wodurch weniger Stickoxide entstehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger schon nicht dargetan habe, dass die Zulassung des Fahrzeugs nicht in gesetzmäßiger Weise erfolgt sei. Er habe keine Anknüpfungstatsachen dafür vorgetragen, dass die Beklagte eine Motorsteuerungssoftware eingebaut habe, die erkenne, ob auf dem Prüfstand ein Abgastest durchgeführt werde oder ob sich das Fahrzeug auf der Straße befinde.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.
Zur Begründung verweist er auf den neuen Vortrag hinsichtlich des Thermofensters. Er hält das Thermofenster für eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit einer solchen Programmierung stelle eine Täuschung dar, da der Hersteller damit konkludent die Erklärung abgebe, der Einsatz des Fahrzeugs sei uneingeschränkt zulässig. Das Verhalten sei auch sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 13.852,83 EUR sowie Zinsen in Höhe von 3.023,15 EUR, nebst weiterer Zinsen aus 29.982,02 EUR in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 1.7.2019 zu zahlen, und die Klagepartei von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der ... Bank aus dem Darlehensvertrag zur Darlehensvertragsnummer 36898911A872 in Höhe von derzeit noch 24.455,74 EUR freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges ... mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... und Übertragung des der Klagepartei gegenüber der ... Bank zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeugs,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges seit dem 25.01.2018 in Annahmeverzug befindet,
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten sowie den Kläger von weiteren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 763,39 EUR freizustellen,
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden zu ersetzen, die dieser aus der Manipulation des Motors oder entsprechenden Behebungsmaßnahmen des im Antrag zu 1 genannten Fahrzeuges erleidet.
Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 im Übrigen - der Kläger hatte im Berufungsverfahren zunächst die Verurteilung zur Zahlung von 15.276,83 EUR inkl. Zinsen und zur Freistellung von einer Forderung der ... Bank in Höhe von 29.447,27 EUR beantragt - hat der Kläger
die Erledigung des Rechtsstreits erklärt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, das Thermofens...