Leitsatz (amtlich)
1. Das Rücktrittsrecht des Käufers setzt eigene Vertragstreue voraus, an der es fehlen kann, wenn der Kaufgegenstand vor der Rücktrittserklärung weiterveräußert wird.
2. Die pauschale Behauptung, die dauerhafte Behebung des in einer Abschalteinrichtung liegenden Mangels eines Diesel-PKW durch ein Software-Update sei nicht möglich, lässt das Erfordernis der Fristsetzung zur Mangelbeseitigung vor Erklärung des Rücktritts nicht entfallen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 564/21) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 25.05.2022 - 7 O 564/21 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Leipzig sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
bis zum 11.05.2023: bis zu 56.000,00 EUR
ab dem 12.05.2023: bis zu 17.000,00 EUR
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz vor dem Hintergrund des sogenannten Dieselskandals. Dabei nimmt sie die Beklagte zu 1) als Verkäuferin des streitgegenständlichen Wohnmobils in Anspruch. Bei ihr erwarb sie am 15.03.2019 das Fahrzeug Wohnmobil Modell Dexter 600, Hersteller Karmann mit einem Motor Fiat Ducato, 2,3 Liter 110 kW mit NSK-Katalysator, Motorbezeichnung F1AGL411C zum Preis von 47.130,00 EUR. Es handelte sich um ein Neufahrzeug. Die vormalige Beklagte zu 3) und nunmehrige Berufungsbeklagte zu 2) nimmt sie mit der Behauptung in Anspruch, diese sei Herstellerin des Motors. Die Klägerin behauptet den Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen in Form eines "Timers", eines Thermofensters und weiterer nicht näher spezifizierter Manipulationsvorrichtungen. Das OBD-System sei ebenfalls manipuliert und zwar zum Zwecke der Verschleierung der genannten Abschaltvorrichtungen. Nachdem die Klägerin erst - und zunächst auch zweitinstanzlich von der Beklagten zu 1) Neulieferung eines fabrikneuen mangelfreien Fahrzeugs und von allen Beklagten Feststellung ihrer Einstandspflicht für notwendige und andere Verwendungen und mögliche Schäden, hilfsweise Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung beantragt hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 12.05.2023 vorgetragen, das Fahrzeug am 28.04.2023 für 47.000,00 EUR bei einem Kilometerstand von 23.712 km verkauft zu haben. Vor diesem Hintergrund beantragt sie nunmehr die Zahlung von Schadensersatz in Form ihres Kaufpreises zuzüglich diverser Aufwendungen abzüglich Verkaufspreis und einer Nutzungsentschädigung, die sie ausgehend von einer Gesamtlaufleistung von 400.000 km mit 2.793,87 EUR beziffert. Mit gleichem Schriftsatz hat sie den Rücktritt von ihrem ursprünglichen Kaufvertrag erklärt. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 23.05.2023 hat sie auf entsprechenden Hinweis des Gerichts ihre auf Zahlung gerichteten Anträge dahingehend präzisiert, dass der Zahlbetrag von den noch am Prozess beteiligten Beklagten gesamtschuldnerisch und nicht doppelt verlangt werde.
Sie rügt das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen mit der Begründung, dieses habe rechtsfehlerhaft Anforderungen an die Substantiierungslast der Klägerin überspannt und damit unter Verletzung rechtlichen Gehörs notwendige Beweise nicht erhoben.
Sie beantragt zuletzt,
1. Das Urteil des Landgerichts Leipzig - 07 O 564/21 vom 25.05.2022 aufzuheben und den Rechtstreit an das Landgericht Leipzig zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Beklagten zu 1) und zu 3) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerpartei EUR 15.157,30 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerpartei darüber hinaus Schadensersatz zu leisten für weitere Schäden, die der Klagepartei dadurch entstanden sind oder entstehen werden, dass in das Modell Dexter 600 des Herstellers Karmann mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ZFA00000000000000 eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut wurde.
3. Die Beklagten werden verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.994,04 jeweils getrennt und gesondert und in voller Höhe freizustellen.
und
das Verfahren bis zur Verkündung des Urteils des Bundesgerichtshofes in der Rechtssache VIa ZR 335/21 und VIa ZR 1031/22 am 26.06.2023 auszusetzen.
Die beiden Beklagten sowie die auf Seiten der Beklagten zu 1) beigetretene Streithelferin beantragen jeweils für sich, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigen jeweils das erstinstanzliche Urt...