Leitsatz (amtlich)
1. Die Rückforderung ungerechtfertigter Abbuchungen von einem Privatkonto zählt regelmäßig zur Vermögensverwaltung, für den die Rechtsschutzversicherung eines Selbständigen Deckungsschutz zu gewähren hat, sofern dies nicht gewerblich ausgeübt wird.
2. Unterlässt der Versicherer im Ablehnungsschreiben den Hinweis auf die Möglichkeit eines Schiedsgutachtens, kann er sich im Deckungsprozess nicht mehr auf fehlende Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung berufen.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 12.04.2012; Aktenzeichen 1 O 1109/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Chemnitz vom 12.4.2012 - 1 O 109/10 -abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2 (xyy) aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer XXX für den entstandenen Schaden der Berufungsklägerin, gemeldet unter der Schadensnummer XXX bei der Berufungsbeklagten resultierend aus 68 rechtswidrigen Kreditabbuchungen der XXX, vom Konto der Klägerin 000, beginnend ab 29.2.2004, zzgl. Verzugszinsen, für den beabsichtigten Rechtsstreit der Klägerin gegen die XXX einstandspflichtig ist.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
a) Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der ausgeschiedenen Beklagten zu 1) in voller Höhe sowie die Gerichtskosten und ihre eigenen Kosten in der ersten Instanz zu 2/5, die Beklagte zu 2) trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3/5. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
b) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklage zu 2) zu 9/10, die Klägerin zu 1/10
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 10.000 EUR.
Gründe
I. (Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO abgesehen.) II.
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht der Anspruch auf die zulässigerweise in Form einer Feststellungsklage begehrte Deckungszusage der Beklagten für die beabsichtigte Klage gegen die XXX zu.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das LG zwar davon ausgegangen, dass die Klägerin als Mitversicherte i.S.d. § 15 RVB 95.1 der Beklagten nach dem auf Privatrechtsschutz für Selbständige beschränkten Versicherungsschutz (Anlage 1) nur für Rechtsstreitigkeiten aus dem privaten Bereich gem. § 28 Abs. 1 lit. b ARB 2008/RVB 95.1 Deckungsschutz zu gewähren hat. Dieser private Bereich ist in Abgrenzung zum beruflichen Bereich zu bestimmen: Was der Versicherungsnehmer oder sein mitversicherter Angehöriger nicht als gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbständige Tätigkeit i.S.v. § 28 Abs. 1a ARB 2008 versichern kann oder was nicht zur landwirtschaftlichen oder nichtselbständigen Tätigkeit gehört, ist dem privaten Bereich zuzurechnen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 597; vgl. auch BGH VersR 1992, 1510). Bei einer auf den Privatrechtsschutz beschränkten Versicherung, wie sie hier gegeben ist, trägt grundsätzlich der Versicherte die Beweislast für seine Behauptung, eine Rechtsstreitigkeit sei dem privaten Bereich zuzurechnen (Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Aufl., § 37 Rz. 502). Dabei kommt es für den Anspruch der mitversicherten Klägerin aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob ein sachlicher Zusammenhang des Rechtsschutzfalles mit der beruflichen selbständigen Tätigkeit des Versicherungsnehmers besteht. Die Abgrenzung erfolgt vielmehr aus der Sicht des klagenden mitversicherten Ehegatten.
Anders als das LG annimmt, ist hiernach die Rückforderung der Abbuchungen von dem Konto der Klägerin 000 dem privaten Bereich zuzuordnen. Die Klägerin macht einen auf § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB gestützten Bereicherungsanspruch geltend, für den es unerheblich ist, ob die Darlehnsschulden des Versicherungsnehmers aus dem Darlehensvertrag zwischen ihrem Ehemann und der XXX (0000) dessen privaten Bereich oder seiner selbständigen Tätigkeit zuzuordnen sind. Entscheidend ist vielmehr, ob dieser Bereicherungsanspruches mit einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin in Zusammenhang steht. Diese Frage ist zu verneinen. Auszugehen ist dabei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Verwaltung privaten Vermögens zum privaten Bereich zählt und keine Berufsausübung ist (BGH NJW 2002, 368; VersR 1992, 1510). Die Rückforderung ungerechtfertigter Abbuchungen von einem Privatkonto ist als Bestandteil einer solchen Vermögensverwaltung grundsätzlich ebenfalls dem privaten Bereich zuzuordnen. Eine gewerbliche Tätigkeit liegt erst vor, wenn die Vermögensverwaltung Einrichtungen erfordert, die sie nach dem äußeren Erscheinungsbild bei zwangloser Betrachtung als Ausübung eines Berufs erscheinen lassen (vgl. OLG Bamberg NJW-RR 1994, 1507). Das ist hier nicht der Fall. Dass es sich bei dem Konto, von dem die XXX die streitgegenständlichen Beträge eingezogen hat, um ein Privatkonto handelt, ist durch die vorgelegten Kontoauszüge, die...