Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 1579/21) |
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 21.06.2023 wird aufrechterhalten.
2. Die Klägerin trägt auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO).
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (dazu 1.) noch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu 2.) Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu. Mangels einer begründeten Hauptforderung kann sie auch nicht die Zahlung von Zinsen und die Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verlangen.
1. Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB bzw. §§ 826, 831 BGB sind gegenüber der Beklagten als Herstellerin des Motors nicht erfüllt; es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin diesen Anspruch nach der Änderung ihrer Klage in der Einspruchsschrift noch verfolgt.
Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, diesem zum Schadensersatz verpflichtet. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 16.09.2021, VII ZR 190/20, Rn. 13, juris). Für diese Voraussetzungen trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast (Sprau in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 826 Rn. 18).
Ein objektiv sittenwidriges Handeln der Beklagten kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass im Fahrzeug der Klägerin Einrichtungen vorhanden sind, die die Abgasemissionen beeinflussen und möglicherweise als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG zu qualifizieren sind. Hierfür bedarf es vielmehr weiterer Umstände. Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die verantwortlich handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der emissionsbeeinflussenden Einrichtungen im Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen; fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (BGH, Beschluss vom 21.03.2022, VIa ZR 334/21, Rn. 19, juris). Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eines Fahrzeugkäufers liegt vor, wenn der Motorenhersteller auf der Grundlage einer grundlegenden strategischen Entscheidung durch bewusste und gewollte Täuschung der Genehmigungsbehörde einen Motor in Verkehr bringt, dessen Steuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten werden (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 16, beck-online).
Die entsprechenden Anforderungen an die Substantiierung sind nicht hoch. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Urteil vom 11.03.2021, VII ZR 196/18, Rn. 43, juris). Für die Rechtsfolge nicht näher erforderliche Einzelheiten müssen nicht dargelegt werden. Das Gericht muss jedoch in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (BGH, Urteil vom 16.09.2021, VII ZR 190/20, Rn. 21, juris). Hat eine Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrundeliegenden Vorgängen, darf sie auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptungen in den Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von den Einzeltatsachen hat (BGH, Urteil vom 13.07.2021, VI ZR 128/20, Rn. 21, juris). Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei jedoch dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl, gleichsam ins Blaue hinein aufgestellt oder aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch d...