Leitsatz (amtlich)
Sind Parteierklärungen vor dem AG als übereinstimmende Erledigungserklärungen auszulegen, so behalten sie ihre Wirksamkeit, wenn der Rechtsstreit vor dem LG als Anwaltsprozess fortgesetzt wird.
Normenkette
ZPO § 78 Abs. 5, § 91a
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 24.08.2008; Aktenzeichen 1 O 141/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 24.4.2008 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.6.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Verfügungsbeklagten auferlegt.
Beschwerdewert: bis 2.500 EUR.
Gründe
I. Das gem. §§ 91a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel, über das der Senat gem. § 122 Abs. 1 GVG in seiner vollen Besetzung zu entscheiden hat, bleibt ohne Erfolg. Das LG hat durch den angefochtenen Beschluss die Kosten des in der Hauptsache erledigten Widerspruchsverfahrens nach Erlass einer einstweiligen Verfügung (nachfolgend: Verfügungsverfahren) dem Verfügungsbeklagten (künftig: Beklagter) gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO zu Recht auferlegt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine davon abweichende Entscheidung.
1. Rechtsirrtümlich ist die Ansicht des Beklagten, das LG habe mangels einer beiderseitigen Erledigungserklärung unter Verstoß gegen § 308 ZPO über die Kosten des Verfügungsverfahrens durch Beschluss entschieden.
a) Allerdings ist zutreffend, dass eine Kostenentscheidung im Beschlussverfahren gem. § 91a Abs. 1 ZPO nur in Betracht kommt, wenn entweder beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären (Satz 1) oder wenn die beklagte Partei auf die Erledigungserklärung der klagenden Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit deren Zugang nicht widerspricht und zuvor auf die gesetzliche Fiktion ihrer Zustimmung innerhalb der genannten Notfrist bei ausbleibendem Widerspruch hingewiesen worden ist (Satz 2).
b) Im Streitfall hat auch der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das ergibt sich ohne jeden vernünftigen Zweifel aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.4.2008 vor dem AG, wonach verlautbart ist:: "Die Parteien erklärten übereinstimmend:
Wir haben hinsichtlich des Zugangs inzwischen eine einvernehmliche Regelung gefunden. Wir streiten nur noch über die Kosten."
Der Sache nach handelt es sich um beiderseitige Erledigungserklärungen i.S.d. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. Dafür ist maßgeblich, dass die Parteien erklärt haben, keine Entscheidung in der Sache mehr zu wünschen, sondern nur noch eine Entscheidung des (zuständigen) Gerichts über die Kosten (zur Auslegungfähigkeit und -bedürftigkeit von Erledigungserklärungen vgl. BGH NJW 2004, 506, 509).
c) Diese von den Parteien im Parteiprozess wirksam abgegebenen Prozesserklärungen behielten ihre Wirksamkeit auch nach dem durch die Verweisung an das LG ausgelösten Übergang in den Anwaltsprozess, in welchem nur zugelassene Rechtsanwälte postulationsfähig sind (§ 78 Abs. 1 ZPO). Die Parteien bleiben nämlich auch vor dem LG postulationsfähig für solche Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftstelle vorgenommen werden können, § 78 Abs. 5 ZPO. Zu diesen zugelassenen Prozesshandlungen gehört die Erledigungserklärung, wie sich aus § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO ergibt.
d) Auch ein Widerruf durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat nicht stattgefunden. Abgesehen davon, dass nach beiderseitiger Erledigungserklärung ein einseitiger Widerruf nicht zulässig ist (vgl. BGH NJW 2002, 442), ergibt sich aus den nachfolgend protokollierten Erklärungen der Prozessbevollmächtigten kein solcher Widerruf der Erledigungserklärungen. Aus ihnen ergibt sich nur, dass die Parteien unterschiedlicher Meinung darüber gewesen sind, welches Gericht für das Widerspruchsverfahren zuständig sei, also auch über die Kostenverteilung des in der Hauptsache für erledigt erklärten Rechtsstreits zu befinden hat. Diesbezüglich hat sich das AG schließlich der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen und es hat den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der (Verfügungs-)Klägerin an das LG verwiesen. Dort ist der Rechtsstreit in der Lage anhängig geworden, in der er sich bei Verweisung befunden hat, also mit wirksamen und übereinstimmenden Erledigungserklärungen zur Hauptsache, als deren Folge das LG über die Kosten zu entscheiden hatte.
2. In der Sache hat das LG die Kosten des erledigten Verfügungsverfahrens zu Recht dem Beklagten auferlegt. Wäre es nicht zu einer Einigung der Parteien in der Sache gekommen und hätte dass Widerspruchsverfahren durchgeführt werden müssen, wäre der Beklagte unterlegen gewesen. Die vom AG erlassene einstweilige Verfügung hätte durch ein Urteil bestätigt werden müssen.
a) Für den im Wege des Verfügungsverfahrens verfolgten Besitzschutz ist es ganz belanglos, ob die Klägerin auf der Grundlage eines Mietverhältnisses über die bezeichneten Räume schuldrechtlich noch ein Recht zum Besitz hatte. Maßgeblich ist ...