Leitsatz (amtlich)
1. Zur Überzeugungsbildung des Nachlassgerichts von der Echtheit und Eigenhändigkeit einer letztwilligen Verfügung bedarf es im Zweifelsfalle der Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens.
2. Verbleibende ungeklärte Zweifel des Gutachters kann das Beschwerdegericht gegebenenfalls auf der Grundlage der vom Nachlassgericht durchgeführten Beweisaufnahme auch ohne weitere eigene Ermittlungen, namentlich ohne ein - nur ausnahmsweise einzuholendes - weiteres Gutachten überwinden.
Normenkette
BGB § 2247 Abs. 1-2, 3 S. 1; FamFG § 26
Verfahrensgang
AG Geldern (Beschluss vom 03.01.2012; Aktenzeichen 26 VI 381/09) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen.
Geschäftswert: bis 11.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 2. sind Neffen und Nichten der Erblasserin; dem Beteiligten zu 1. übergab die Erblasserin mit notariell beurkundetem Vertrag vom Juni 2008 ihren Hof (im Sinne der Höfeordnung).
2007 errichtete die Erblasserin ein Testament, in dem sie zu ihren alleinigen und unbeschränkten Erben die Eheleute N. berief. Dieses Testament widerrief die Erblasserin, gleichfalls notariell beurkundet, am 27.2.2008. In dieser Urkunde hieß es u.a., eine Erbeinsetzung wolle die Erblasserin derzeit nicht vornehmen; somit gelte bei ihrem Tod die gesetzliche Erbfolge, sofern sie bis zu diesem Zeitpunkt keine andere Verfügung von Todes wegen errichtet habe.
Ferner existiert ein handschriftliches, mit "Mein letzter Wille" überschriebenes, mit dem Namenszug der Erblasserin unterzeichnetes und auf den 31.3.2008 datiertes Schriftstück. In diesem wird im Wesentlichen der Beteiligte zu 1. zum alleinigen Erben und Hoferben nach der Erblasserin eingesetzt (und mit bestimmten Auflagen beschwert). Die Beteiligten zu 2. stellen die Echtheit dieses Schriftstücks in Abrede.
Am 25.8.2009 hat der Beteiligte zu 1. unter Berufung auf das privatschriftliche Testament der Erblasserin vom 31.3.2008 die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins beantragt. Nach Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens und Vernehmung eines Zeugen hat das Nachlassgericht durch die angefochtene Entscheidung ausgesprochen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 1. erforderlichen Tatsachen würden für festgestellt erachtet, der beantragte Erbschein werde erteilt werden; zur Begründung hat es - im einzelnen dargelegt - ausgeführt, es halte das Schriftstück vom 31.3.2008 für ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament der Erblasserin.
Gegen diesen ihnen am 10.1.2012 zugestellten Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 2. mit ihrem am 10.2.2012 eingegangenen Rechtsmittel, mit dem sie ihren im ersten Rechtszug vertretenen Standpunkt weiter verfolgen und ihr Vorbringen hierzu ergänzen und vertiefen. Der Beteiligte zu 1. tritt dem entgegen.
Mit weiterem Beschluss vom 14.2.2012 hat das Nachlassgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte und der Testamentsakte 26 IV 364/09 AG Geldern Bezug genommen.
II. Das gem. §§ 58 Abs. 1 i.V.m. 352 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 2., das nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe gem. § 68 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 2 FamFG dem Senat zur Entscheidung angefallen ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der vom Beteiligten zu 1. beantragte Erbschein ist ihm zu erteilen, weil er wirksam zum testamentarischen Alleinerben nach der Erblasserin berufen worden ist. Die eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung vom 31.3.2008, die ein Testament darstellt, stammt von der Erblasserin, § 2247 Abs. 1 BGB. Sie enthält die nach § 2247 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BGB geforderten Angaben. Die Erblasserin war an diesen testamentarischen Anordnungen nicht durch frühere Verfügungen von Todes wegen gehindert.
Im Erbscheinsverfahren wird die Gültigkeit des Testaments nach § 2358 Abs. 1 BGB, § 26 FamFG von Amts wegen geprüft. Soll ein Erbschein erteilt werden, muss nicht nur der erbrechtliche Charakter der Erklärung - der hier nicht in Zweifel steht - feststehen, sondern auch deren Echtheit und Eigenhändigkeit; kann sich das Gericht davon nicht überzeugen, geht dies zu Lasten desjenigen, der Rechte aus der Urkunde herleiten will (OLG Köln NJW-RR 2004, 1015 f.). Im Zweifelsfall ist zwar von Amts wegen ein schriftvergleichendes Gutachten einzuholen, ein weiteres Gutachten hingegen nur ausnahmsweise; können ungeklärte Zweifel des Gutachters nicht restlos beseitigt werden, genügt für die richterliche Überzeugung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit (BayObLG FamRZ 2005, 1014f m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall auf der Grundlage der vom Nachlassgericht durchgeführten Beweisaufnahme ohne weitere Ermittlungen durch den Senat festgestellt werden, dass die handschriftlich...