Leitsatz (amtlich)
1. Verspätete Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist kein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel
2. Die sofortige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Mitwirkung gem. § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO (keine Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) hat keinen Erfolg, wenn der Antragsteller erst im Beschwerdeverfahren die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegt.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 22.07.2003; Aktenzeichen 1 OH 17/03) |
Tenor
Wird die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2) vom 31.7.2003 gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer – Einzelrichterin – des LG Duisburg vom 22.7.2003 zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragsgegnerin zu 2) hat im selbständigen Beweisverfahren Prozesskostenhilfe beantragt, ohne gem. § 117 Abs. 2 ZPO die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen.
Das LG hat der Antragsgegnerin eine Frist gesetzt, dies nachzuholen. Nach Ablauf der Frist hat es den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2), die nach der Entscheidung des LG über die Nichtabhilfe eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin gem. § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO zu Recht zurückgewiesen, weil sie ihre Mitwirkungspflicht verletzt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrem Antrag nicht beigefügt und dies auch nicht fristgerecht nachgeholt hat.
Dass die Antragsgegnerin zu 2) nach der Entscheidung des LG über die Nichtabhilfe nun im Beschwerdeverfahren die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegt, kann ihrer sofortigen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Gemäß § 571 Abs. 2 S. 1ZPO kann die Beschwerde zwar auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Denn die nach neuem Zivilprozessrecht im Berufungsverfahren geltenden Einschränkungen (§ 529 Abs. 1 ZPO) sind für das Beschwerdeverfahren nicht übernommen worden (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 571 Rz. 3). Neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel sind daher grundsätzlich auch insoweit möglich, als sie auf neuem tatsächlichen Vorbringen beruhen oder sich auf neue Beweismittel stützen. Das gilt grundsätzlich auch, soweit entspr. Vortrag schon in der Vorinstanz möglich gewesen wäre.
Die – verspätete – Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Antragsgegnerin zu 2) stellt jedoch kein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel i.S.d. § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO dar. Denn das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, weil die Antragsgegnerin zu 2) ihren etwaigen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe – schon – deswegen verloren hatte, weil sie die ihr obliegende Mitwirkungspflicht verletzt hatte. Die nun nachgeholte Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vermag an dieser Pflichtverletzung nachträglich nichts mehr zu ändern. (vgl. i.E. ebenso LAG Nürnberg v. 15.4.2003 – 6 Ta 134/02, MDR 2003, 1022; LAG Schleswig-Holstein Juris Nr. K…).
Dahin stehen kann, ob das LG verpflichtet gewesen wäre, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, wenn sie noch vor seiner Entscheidung über die Nichtabhilfe vorgelegt worden wäre.
Da Beschlüsse, die Prozesskostenhilfe verweigern zwar unanfechtbar, nicht aber materiell rechtskräftig werden, ist die Antragsgegnerin zu 2) nicht gehindert, ihren Prozesskostenhilfeantrag zu wiederholen. Ob in der verspätet vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine solche wiederholte Antragstellung liegt, hat der Senat nicht zu entscheiden.
Im Verfahren über die Prozesskostenhilfe-Beschwerde findet eine Kostenerstattung nicht statt, § 127 Abs. 4 ZPO.
Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren:
Wert der Hauptsache, § 51 Abs. 2 BRAGO
Fundstellen
Haufe-Index 1112403 |
MDR 2004, 410 |
ProzRB 2004, 150 |