Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Grundsatz der Firmenwahrheit, wonach zum Schutz der Geschäftspartner, der Mitbewerber und des lauteren Wettbewerbs die Firma keine Angaben enthalten darf, die evident geeignet sind, bei den maßgeblichen Verkehrskreisen wesentliche unrichtige Vorstellungen hervorzurufen, ist es dem Registergericht versagt, ein im Handelsregister mit dem Unternehmensgegenstand "Betrieb von Spielhallen, Vergnügungsstätten und Aufstellen von Spielautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit" eingetragenes Unternehmen, auf Anmeldung des neu bestellten Geschäftsführers hin unter Erweiterung des Unternehmensgegenstandes auf "Gastronomie, Einzel- und Großhandel von Lebensmitteln und Kleinwaren" als "Not & Elend GmbH" einzutragen.

2. Das Registergericht ist verfahrensrechtlich auf die Berücksichtigung evidenter und ohne Beweisaufnahme feststellbarer Tatbestände beschränkt, wobei es gehalten ist, etwaigen Zweifeln hinsichtlich der Irreführungseignung der Firma nachzugehen.

 

Normenkette

HGB § 6 Abs. 1, § 13 Abs. 3, § 18 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

AG Kleve (Aktenzeichen 21 AR 11/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der beteiligten Gesellschaft wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die beteiligte Gesellschaft.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 5.000,- EUR

 

Gründe

I. Die (beteiligte) Gesellschaft ist im Handelsregister des Amtsgerichts Bonn mit dem Unternehmensgegenstand "Betrieb von Spielhallen, Vergnügungsstätten und Aufstellen von Spielautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit" eingetragen. Am 15. Dezember 2017 haben die Gesellschafter die Abberufung des bisherigen und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers sowie die Änderung der Satzung in Bezug auf Firma, Sitz und Unternehmensgegenstand - Erweiterung auf Gastronomie, Einzel- und Großhandel von Lebensmitteln und Kleinwaren - beschlossen. Am 15. Dezember 2017 hat der neu bestellte Geschäftsführer dies zur Eintragung im Handelsregister angemeldet.

Zur Änderung der Firma in "Not und Elend GmbH"" hat das Registergericht mit Verfügung vom 29. Mai 2018 darauf hingewiesen, die neue Firma habe - ohne weitere Zusätze - keine ausreichende Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft, § 18 Abs. 1 HGB. Dieser Hinweis ist unbeantwortet geblieben und das Registergericht hat den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 04. Januar 2019 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gesellschaft vom 15. Januar 2019. Sie wendet ein, der gewählte Namen sei nicht geschützt und bereits bei anderen Unternehmen in Verwendung.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit weiterem Beschluss vom 22. Januar 2019 dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Die Firmierung ""Not und Elend GmbH"" enthalte nur die aus dem allgemeinen Sprachgebrauch bekannte Verknüpfung von zwei Substantiven mit ähnlicher Bedeutung. Ohne Zusatz werde der Namensfunktion im Rechtsverkehr nicht ausreichend Rechnung getragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das von der Gesellschaft eingelegte Rechtsmittel ist als Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch im übrigen zulässig. Es ist dem Senat aufgrund der vom Registergericht mit weiterem Beschluss vom 22. Januar 2019 ordnungsgemäß beschlossenen Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG.

In der Sache bleibt das Rechtmittel ohne Erfolg. Das Registergericht hat die Eintragung der neuen Firma im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Firma ist irreführend, § 18 Abs. 2 HGB.

Nach dem einheitlich (§ 6 Abs. 1 HGB) für alle Einzelkaufleute und sämtliche Handelsgesellschaften - die Gesellschaft ist eine solche, § 13 Abs. 3 GmbHG - geltenden § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Die Vorschrift enthält ein allgemeines und umfassendes Verbot, durch die Firma bzw. ihre Teile das Publikum oder andere Interessierte über Art, Umfang oder sonstige Verhältnisse des Handelsgeschäfts irrezuführen, sog. Grundsatz der Firmenwahrheit. Zweck ist der Schutz der Geschäftspartner, der Mitbewerber und des lauteren Wettbewerbs (vgl. allgemein Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 18 Rn. 9).

Eine Firma ist zur Irreführung geeignet, wenn sie bei den maßgeblichen Verkehrskreisen unrichtige Vorstellungen hervorrufen kann. Ob eine Eignung zur Irreführung gegeben und ob diese als wesentlich im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB einzustufen ist, ist vom Standpunkt der beteiligten Verkehrskreise aus zu beurteilen. Dazu gehören etwa die Kundschaft, branchenkundige Kaufleute, Lieferanten und Kreditgeber. Als Maßstab dient - objektiviert - die Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung. Eine Irreführungsabsicht ist ebenso wenig erforderlich wie der tatsächliche Eintritt von Fehlvorstellungen (BeckOK HGB/Bömeke, 24. Edition, Stand: 15. April 2019, § 18 Rn. 2...

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