Leitsatz (amtlich)
1. Enthält die beim Registergericht eingereichte Satzung eines (Kultur-) Vereins (entgegen der Soll-Vorschrift des § 58 Nr. 4, 3. Fall BGB) keine Bestimmungen über die Beurkundung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung, so ist die Satzung diesbezüglich zu ergänzen, um ihre Eintragungsfähigkeit herbeizuführen.
2. Für die Beurteilung, ob eine satzungsmäßig statuierte Mindestfrist von (lediglich) fünf Tagen zur Einberufung der Mitgliederversammlung einer rechtlichen Überprüfung standhält, ist ausschlaggebend, welche Gegebenheiten anlässlich der Einberufung einer Mitgliederversammlung der Satzungsgeber als typischerweise vorhanden annehmen durfte (hier: Kurze Einberufungsfrist zu billigen mit Blick auf Traditionsverein mit stark lokalem Bezug; seit Jahren zeitlich auf einen abstrakt bestimmten Tag im Januar habitualisierte Abhaltung der Mitgliederversammlungen; besondere Sachkunde von Mitgliedern in Bezug auf den Vereinszweck; kein Widerstand gegen die Kürze der Einberufungsfrist).
Normenkette
BGB § 56 ff., § 58 Nr. 4 3. Fall, §§ 60, 71 Abs. 1 S. 3 2. Fall
Verfahrensgang
AG Krefeld (Aktenzeichen VR 3438) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird die angefochtene Zwischenverfügung insoweit aufgehoben, wie mit ihr - in Verbindung mit den Verfügungen vom 24. April und vom 7. Mai 2019 - eine Änderung der Regelung in § 6 Satz 4 der Satzung zur Frist für die Einberufung zur Mitgliederversammlung aufgegeben wird. Das Registergericht wird angewiesen, von diesem Bedenken gegen die Eintragung der Neufassung der Satzung Abstand zu nehmen.
Gründe
I. Nach dem Vorbringen des betroffenen Vereins, dem keine anderweitigen Erkenntnisse zuwiderlaufen, besteht er seit 130 Jahren und hat derzeit mehrere hundert Mitglieder, zum Teil in einem Kulturamt und einem Archiv der dortigen Gebietskörperschaften tätige Historiker; seine Mitgliederversammlung findet seit Jahren am dritten Samstag im Januar statt, worauf das vereinseigene Publikationsorgan im zweiten Halbjahr des Vorjahres zu sprechen kommt.
Mit Schreiben vom 8. Januar 2019 lud der Verein zur "Jahreshauptversammlung" am 19. Januar 2019 ein. Die Tagesordnung sah unter TOP 10 vor: "Satzungsänderung (s. Anlage)". Die Anlage war eine synoptische Gegenüberstellung des vollständigen Textes der alten Fassung und des vollständigen Textes der neuen Fassung, hierbei waren entfallene Passagen im "alten" Text lesbar gestrichen, neu aufgenommene Passagen im "neuen" Text kursiv gedruckt. Im Text der neuen Fassung lauteten:
§ 2 (Vereinszweck) im dritten optisch hervorgehobenen Unterpunkt:
"Studienfahrten zu Kunst- und Geschichtsausstellungen sowie zu historisch oder kunstgeschichtlich interessanten Stätten"
sowie unverändert § 6 (Mitgliederversammlung) in Satz 4:
"Die Einberufung erfolgt unter Bekanntgabe der Tagesordnung durch schriftliche Einladung an die Mitglieder mit einer Frist von mindestens fünf Tagen.".
Im Protokoll der Versammlung hieß es zu TOP 10:
"Die Vorsitzende berichtete von der in mehreren Punkten sachlich notwendigen Überarbeitung der Vereinssatzung, die in engem Austausch mit dem Finanzamt Kempen vorgenommen wurde. .... Aus der Versammlung gab es die Anregung, bei der Formulierung des Vereinszweckes in § 2 der Satzung den Punkt "Studienfahrten zu Kunst- und Geschichtsausstellungen sowie historisch oder kunstgeschichtlich interessanten Stätten" um den Begriff "kulturgeschichtlich/kulturell" zu erweitern. Die Vorsitzende sagte zu, dazu Rücksprache mit dem Finanzamt zu halten. Die Satzungsänderung wurde mit einer Enthaltung angenommen. ...."
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 29. März 2019 hat der Verein zur Eintragung in das Handelsregister unter anderem angemeldet:
"Satzungsänderung
Die Satzung wurde vollständig neugefasst."
Der Anmeldung beigefügt ist die neu gefasste Satzung. Hier lautet der oben angesprochene Unterpunkt in § 2:
"Studienfahrten zu Kunst- und Geschichtsausstellungen sowie zu historisch oder kultur-/ kunstgeschichtlich interessanten Stätten".
Daraufhin hat das Registergericht unter dem 24. April 2019 formlos beanstandet, der Anmeldung könne noch nicht entsprochen werden: Zum einen fehle in der Satzung eine Regelung zur Beurkundung von Beschlüssen der Mitgliederversammlung und erscheine die Einladungsfrist von nur fünf Tagen zu kurz bemessen - die Frist sollte eine Woche nicht unterschreiten -, so dass eine weitere Satzungsänderung eingeleitet werden möge. Zum anderen ergebe sich aus dem überreichten Protokoll nicht, ob eine satzungsändernde Mehrheit für ein Einfügung des Wortes "kulturgeschichtlich" gestimmt habe, das Protokoll sei insoweit zu ergänzen. Dem ist der Verein mit Schrift seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 29. April 2019 entgegentreten, in der namentlich ausgeführt worden ist, die Satzung und auch deren § 2 sei in der Form beschlossen worden, die bereits als Entwurf dem Einladungsschreiben beigefügt gewesen sei; über den im Protokoll angeregten zusätzlichen Begriff sei nicht abgestimmt worden, dessen Aufnahme h...