Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache ein Zwangsmittel zur Vollstreckung des Versäumnisurteils gegen den Beklagten verhängt, ohne dass dieser auch zu einer Verhandlung über den Zwangsvollstreckungsantrag der Gläubigerin geladen worden war, ändern diese Verfahrensmängel nichts an der Existenz des Zwangsmittelbeschlusses.
2. Für nicht zugestellte Beschlüsse beginnt der Lauf der Beschwerdefrist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
3. Bei nicht verkündeten Beschlüssen tritt hinsichtlich des Laufs der Beschwerdefrist an die Stelle der Verkündung die Bekanntgabe des Beschlusses.
Normenkette
ZPO §§ 569, 517, 329, 317
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 03.02.2011; Aktenzeichen 4 O 394/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Duisburg vom 3.2.2011 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.000 EUR.
Gründe
I. Durch Versäumnisurteil vom 9.9.2010 wurde der Schuldner vom LG verurteilt, über sämtliche seiner anwaltlichen Tätigkeiten für die Gläubigerin ordnungsgemäße Abrechnungen nach dem RVG zu erstellen sowie sämtliche Unterlagen zu den von ihm geführten Verfahren herauszugeben. Gegen dieses Versäumnisurteil legte der Schuldner am 13.10.2010 Einspruch ein, woraufhin das LG Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache für den 3.2.2011 bestimmte.
Mit Schriftsatz vom 26.10.2010 hat die Gläubigerin beantragt, gegen den Beklagten wegen Unterlassung ordnungsgemäßer Abrechnungen sowie unterlassener Herausgabe der Unterlagen ein Zwangsgeld festzusetzen, hilfsweise Zwangshaft anzuordnen. Dieser Antrag ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 9.11.2010 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2010 hat die Gläubigerin ihren Zwangsmittelantrag hinsichtlich des Herausgabeanspruchs zurückgenommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache am 3.2.2002 ist der Schuldner säumig geblieben. Auf Antrag der Gläubigerin hat das LG daraufhin durch zweites Versäumnisurteil das Versäumnisurteil vom 9.9.2010 aufrechterhalten.
Außerdem hat das LG in der Sitzung vom 3.2.2011 im Hinblick auf den Vollstreckungsantrag der Gläubigerin einen Beschluss erlassen, mit dem gegen den Schuldner wegen der unterlassenen Abrechnung ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 EUR, ersatzweise 10 Tage Ordnungshaft, verhängt worden ist.
Eine Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 3.2.2011 ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 2.3.2011 zugestellt worden. In dem Empfangsbekenntnis heißt es betreffend die zugestellten Schriftstücke außerdem: "Prot. 3.2.2011".
Nach dem die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 24.8.2011 um Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zwangsmittelbeschlusses vom 3.2.2011 gebeten hat, ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 8.9.2011 eine Ausfertigung dieses Beschlusses zugestellt worden. Daraufhin hat der Schuldner am 16.9.2011 sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 3.2.2011 eingelegt. Zur Begründung hat er angeführt, dass die geforderte Abrechnung längst erfolgt sei.
Durch Beschluss vom 15.11.2011 hat das LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die sofortige Beschwerde nicht unter Einhaltung der Beschwerdefrist eingelegt worden sei. Die Zustellung des Beschlusses durch Zustellung des Protokolls sei wirksam gewesen. Es sei nicht erforderlich gewesen, zur Bekanntmachung des bereits wirksam in der Sitzung ergangenen Beschluss eine Ausfertigung zuzustellen. Damit sei die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde von zwei Wochen am 16.3.2011 verstrichen gewesen. Die Beschwerdeeinlegung am 16.9.2011 sei zu spät erfolgt.
II. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Zwangsmittelbeschluss des LG vom 3.2.2011 ist unzulässig, weil sie nicht fristgemäß eingelegt worden ist.
1. Allerdings ist die Beschwerdefrist hier entgegen der Auffassung des LG nicht bereits mit der Zustellung des Protokolls vom 3.2.2011 in Lauf gesetzt worden.
a) Die nach § 793 ZPO gegen einen Zwangsmittelbeschluss statthafte sofortige Beschwerde ist gem. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO binnen einer Notfrist von zwei Wochen einzulegen. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde beginnt nach § 569 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 ZPO grundsätzlich mit der Zustellung der Entscheidung.
b) Der angefochtene Zwangsmittelbeschluss musste nach § 329 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu gestellt werden. Nach § 329 Abs. 3 ZPO müssen Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde unterliegen, zugestellt werden. Der angegriffene Zwangsmittelbeschluss unterliegt der sofortigen Beschwerde und ist außerdem ein Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 (vgl. BGH NJW 2008, 2919, 2920 m.w.N.; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 888 Rz. 13). Er fällt daher unter § 329 Abs. 3 ZPO und muss damit von Amts w...