Leitsatz (amtlich)
Leugnet der Mandant beharrlich und wahrheitswidrig, eine Honorarvereinbarung unterzeichnet zu haben, trifft ihn ein "Auflösungsverschulden" für die Kündigung des Anwaltsdienstvertrages durch den Rechtsanwalt.
Normenkette
BGB §§ 611, 675, 628
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 26.10.2007; Aktenzeichen 16 O 442/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.10.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Honoraranspruch in vollem Umfang zu.
I. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf seinen Beschluss vom 26.6.2008, an dem er festhält. Darin ist im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Das LG hat der Honorarklage zu Recht stattgegeben.
Die Klägerin kann mit Erfolg ihre Ansprüche aus den mit dem Beklagten geschlossenen Anwaltsdienstverträgen gem. §§ 611 ff., 675 BGB geltend machen. Ihr Vergütungsanspruch wird nicht durch die Regelung des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Dies hat das LG zutreffend festgestellt.
1. Wird der Anwaltsvertrag - was beiderseits jederzeit möglich ist - gem. § 627 BGB gekündigt, behält der Rechtsanwalt gem. § 628 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch und zwar in dem Umfang, in dem er Leistungen erbracht hat, § 15 Abs. 4 RVG. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin für ihre Tätigkeit bis zur Vertragsbeendigung die geltend gemachten Gebühren dem Grund und der Höhe nach verdient hat.
2. Unterschiedlicher Auffassung sind die Parteien darüber, ob die Klägerin aufgrund ihrer Kündigung vom 12.8.2005 ihren Vergütungsanspruch im Hinblick auf § 628 Abs. 1 S. 2 BGB eingebüßt hat. Nach dieser Bestimmung kann der dienstverpflichtete Rechtsanwalt u.a. dann, wenn er nach §§ 626 oder 627 BGB kündigt, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst worden zu sein, die Vergütung insoweit nicht beanspruchen, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den dienstberechtigten Mandanten kein Interesse haben. Dies ist der Fall, wenn der Mandant die Leistungen des Rechtsanwalts nicht mehr wirtschaftlich verwerten kann, sie also für ihn nutzlos geworden sind. In dieser Situation befindet sich der Mandant regelmäßig, wenn er wegen einer von dem bisherigen Prozessbevollmächtigten veranlassten Kündigung einen anderen Prozessbevollmächtigten bestellen muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen.
Für den Rechtsanwalt kann dies den Verlust des Vergütungsanspruchs zur Folge haben, ohne dass es einer Aufrechnung bedarf (BGH MDR 1977, 476 f.; NJW 1982, 437; NJW 1997, 188 f.), wenn der Mandant einen anderen Rechtsanwalt beauftragen und vergüten muss (BGH NJW 1995, 1954; NJW 1997, 188 (189); NJW 2004, 2817; s. auch OLG Düsseldorf MDR 2005, 1140). Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) schließt die Anwendung der §§ 627, 628 BGB nicht aus (vgl. zur BRAGO: BGH NJW 1982, 437; WM 1977, 369 (371); Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 628 Rz. 4).
a) Das LG hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten zur Kündigung berechtigt war. Der Beklagte schuldet somit die Zahlung der Vergütung, obwohl die Leistungen der Klägerin für ihn aufgrund der Notwendigkeit der Beauftragung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten ohne Interesse sind.
aa) Der Beklagte vermochte nicht schlüssig darzulegen, dass die Klägerin grundlos, mithin ohne durch sein schuldhaft vertragswidriges Verhalten zur Kündigung veranlasst worden war (sog. Auflösungsverschulden, vgl. hierzu auch Senat, GI 2007, 89 f.). Da dies die Ausnahme von der Regel ist, trägt der Mandant die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Kürzung oder zum Wegfall des Honoraranspruchs führen sollen (BGH NJW 1982, 437 (439); NJW 1997, 188; Senat, GI 2007, 89 f.).
Der Beklagte greift die Würdigung des LG ohne Erfolg an. Das LG ist in seinem angefochtenen Urteil zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte der Klägerin durch seine Behauptung, eine Honorarvereinbarung nicht "gezeichnet" zu haben, eine strafbare Handlung unterstellt hat und dies auch im Widerspruch zu seinen bis dahin gegebenen Erklärungen steht, entsprechend der Honorarvereinbarung leisten zu wollen.
Durch die im Zusammenhang mit der Honorarvereinbarung vom 5.4./2.5.2004 (im Folgenden: 1. Honorarvereinbarung) abgegebenen Erklärungen stellte der Beklagte in Abrede, eine Stundenvereinbarung unterzeichnet zu haben. Er schreibt: "Wie bereits am Telefon von mir ausgeführt, habe ich eine Stundenvereinbarung, welche Ihnen ein Honorar von 200 EUR pro Stunde vorsieht nicht gezeichnet. Mein Schreiben vom 2.5.2004 in Verbindung mit Ihrer Honorarvereinbarung zeigt was damals zwischen uns besprochen worden war." (Wortlaut des Schreibens vom 10.7.2007 auszugsweise). Dies konnte die Klägerin nur so verstehen, dass der Beklagte eine Unterzeichnung leu...