Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidungsbefugnis des Erstbeschwerdegerichts. neuer Erbscheinsantrag. gegenseitige Erbeinsetzung durch Erbvertrag. Wirkung der Erbausschlagung des überlebenden Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
1. Über einen "neuen" Antrag (hier: Gesuch um einen Teilerbschein anstelle des ursprünglich nachgesuchten gemeinschaftlichen Erbscheines) muss das Erstbeschwerdegericht entscheiden, sofern dieser der Vorinstanz bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe vorgelegen hat.
2. Setzen Ehegatten einander in einem Erbvertrag gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden von ihnen, zu unbeschränkten alleinigen Erben ein und treffen sie darüber hinaus Regelungen der weiteren Erbfolge, so führt die Erbausschlagung des überlebenden Ehegatten grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des Erbvertrages und der Folge des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge.
Normenkette
BGB §§ 1946, 1953
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 6 T 76/07) |
AG Velbert (Aktenzeichen 9 VI 318/06) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde, gerichtet auf die Anweisung des AG den Teilerbschein dahin zu erteilen, dass die Erblasserin zu 1/3 von der Beteiligten zu 1 beerbt worden ist, als unbegründet zurückgewiesen wird.
Wert: 33.000 EUR.
Gründe
I. Die am 18.4.2006 verstorbene Erblasserin war mit dem Beteiligten zu 2 verheiratet. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, nämlich die Beteiligte zu 1 und die Beteiligten zu 3 und 4.
Die Erblasserin und der Beteiligte zu 2 errichteten unter dem 28.11.1980 ein gemeinschaftliches Testament (UR-Nr. 45/1980, Notar G.). Unter dem 12.5.1999 (UR-Nr. 652/1999, Notar H.) schlossen die Parteien einen Erbvertrag, durch das sie alle früheren Verfügungen von Todes wegen aufhoben, auch das Testament vom 28.11.1980. Unter dem 6.4.2004 schlossen die Erblasserin und der Beteiligte zu 2 einen weiteren Erbvertrag (UR-Nr. 397/2004, Notar H.), in dem wiederum alle bereits errichteten Verfügungen von Todes wegen aufgehoben wurden. In dem Erbvertrag vom 6.4.2004 heißt es u.a.:
"§ 2 Gegenseitige Erbeinsetzung
Wir setzen uns hiermit gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden von uns zu unbeschränkten alleinigen Erben ein, ohne Rücksicht darauf, ob und welche Pflichtteilsberechtigte bei unserem Tode vorhanden sein werden.
§ 3 Erbfolge nach dem Überlebenden von uns
1. Der Überlebende ernennt zu seinem alleinigen Erben unseren Sohn, Herrn C. T., geb. am 19.4.1966, wohnhaft bei uns.
Ersatzerbe ist sein Bruder, Herr B. T., geb. am 13.3.1961, ...
2. Unser Sohn C. T. ist Vorerbe. (...) Nacherbe ist sein Bruder B. T., vorgenannt, ersatzweise dessen Abkömmlinge entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. (...)
5. Ersatzvermächtnisnehmer für unseren Sohn B. sind dessen Abkömmlinge entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. (...)
§ 5 Enterbungsbestimmung
Unsere Tochter, Frau D., enterben wir mit ihrem Stamm.
§ 6 Gleichzeitiges Versterben
Die vorstehenden Bestimmungen in §§ 3, 4 und 5 gelten entsprechend für den Nachlass eines jeden von uns für den Fall, dass wir zur gleichen Zeit oder aus gleichem Anlass kurz hintereinander versterben."
Der Beteiligte zu 2 schlug durch notariell beglaubigte Urkunde vom 31.7.2006 (UR-Nr. 889/2006, Notar H.) die Erbschaft nach der Erblasserin aus allen Berufungsgründen aus.
Mit Erbscheinsantrag vom 4.9.2006 (UR-Nr. 152/2006, Notar E.) hat die Beteiligte zu 1 beantragt, einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, wonach sie und die Beteiligten zu 3 und 4 zu je 1/3 Erben der Erblasserin geworden seien. Da der Beteiligte zu 2 die Erbschaft ausgeschlagen habe, sei gesetzliche Erbfolge eingetreten.
Die Beteiligten zu 3 und 4 sind dem Erbscheinsantrag entgegengetreten.
Durch die angefochtene Entscheidung vom 15.11.2006 (berichtigt am 11.12.2006) hat das AG wie folgt beschlossen:
"Der Antrag der Beteiligten zu 1 vom 4.9.2006 auf Erteilung eines Erbscheins des Inhalts, dass sie die am 29.12.1935 geborene R. geb. B., verstorben am 18.4.2006 in Heiligenhaus, zu 1/3 beerbt habe, wird zurückgewiesen."
Gegen diese Entscheidung hat sich die Beteiligte zu 1 mit ihrem Rechtsmittel gewendet und hat beantragt:
"(...) das AG anzuweisen, den Teilerbschein zu erteilen des Inhalts, dass die am 29.12.1935 geborene R., geb. B., verstorben am 18.4.2006 in Heiligenhaus, zu 1/3 beerbt worden ist von der Beteiligten zu 1. (...)."
Das AG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Das LG hat am 7.2.2007 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen diese Entscheidung mit der weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 3 und 4 entgegen treten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Rechtsfehler (§ 27 FGG).
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LG ausgeführt, das an sich gem. §§ 19 ff. FGG als Beschwerde statthafte Rechtsmittel der Beteiligt...