Leitsatz (amtlich)

Die letztwillige Verfügung: "Hiermit setze ich meine Tochter als meine Erbin ein, mit der Bedingung, dass sie meinem Sohn aus erster Ehe 3.000 M ausbezahlt. Sie darf das Erbe nicht verkaufen und muss es bei ihrem Tode meinem Sohn, dessen Frau oder seinen Kindern überlassen." kann dahin ausgelegt werden, dass die Erblasserin nach ihrem hypothetischen Willen ihre Tochter - nur - als Vorerbin eingesetzt hat unter der auflösenden Bedingung, dass diese von einer der genannten Personen - egal in welcher Zusammensetzung - beerbt wird.

 

Normenkette

BGB §§ 2065, 2084

 

Verfahrensgang

AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 11.07.2013; Aktenzeichen 4 VI 147/13)

 

Tenor

Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Wert: bis 15.000 EUR (die Hälfte des Nachlasswertes)

 

Gründe

I. Die Erblasserin verstarb am 19.4.1977. Sie war in erster Ehe verheiratet mit J. Wilhelm K.. Aus dieser Ehe ging der am 22.2.1985 verstorbene W. K. hervor, der verheiratet war mit K. H. K., verstorben am 8.4.1998. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind deren Kinder.

Die Erblasserin war in zweiter Ehe verheiratet mit F. E., verstorben am 14.1.1954. Aus dieser Ehe ging eine Tochter, I. M., hervor, deren Ehemann 1945 kriegsverschollen war. Mit ihrem zweiten Ehemann hatte die Erblasserin in einem gemeinschaftlichen Testament vom 27.4.1952 bestimmt, dass der Überlebende die alleinige Verfügungsgewalt über ihr gesamtes Eigentum haben solle.

Ein von der Erblasserin am 7.11.1967 errichtetes Testament lautet wie folgt:

"Hiermit setze sich meine Tochter G. M., geborene E., als meine Erbin ein, mit der Bedingung, dass sie meinem Sohn aus erster Ehe 3.000 M ausbezahlt. Sie darf das Erbe nicht verkaufen und muss es bei ihrem Tode meinem Sohn, dessen Frau oder seinen Kindern überlassen."

Am 17.2.1978 erteilte das AG Mülheim an der Ruhr der Tochter der Erblasserin einen Erbschein, wonach diese Vorerbin nach der Erblasserin geworden ist mit dem Zusatz:

"Nacherbfolge tritt bei ihrem Tode ein, aber nur dann, wenn die Vorerbin nicht vom Sohn der Erblasserin W. K., dessen Ehefrau oder deren Kindern, gleichgültig, in welcher Zusammensetzung - beerbt wird. Nacherben sind dann die gesetzlichen Erben der Erblasserin."

Die Vorerbin errichtete zwei notarielle Einzeltestamente. In dem Testament vom 17.10.1978 setzte sie unter Bezugnahme auf den Nacherbenzusatz im Erbschein die Beteiligte zu 1) zu ihrer Erbin ein. Zugleich vermachte sie ihrem damaligen Lebensgefährten ihren Hausrat und ihr übriges Vermögen, soweit sie es nicht von ihrer Mutter geerbt hat.

Am 7.7.2006 bestätigte sie die Erbeinsetzung und änderte das Testament hinsichtlich der Vermächtnisanordnung zugunsten ihres zwischenzeitlich verstorbenen Lebensgefährten, dahingehend, dass dieses entfallen sollte und vermachte den Eheleuten G. S. und K. B.-S. das auf ihren Konten befindliche Vermögen nach Abzug sämtlicher Kosten. Am 30.11.2012 verstarb die Vorerbin. Die Beteiligte zu 1) nahm das Erbe an.

Die Beteiligte zu 2) hat zunächst am 1.2.2013 beantragt, einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein zu erteilen.

Diesen Antrag hat das Gericht durch Beschluss vom 19.4.2013 zurückgewiesen und der Beteiligten zu 1) am 23.4.2013 die Absicht mitgeteilt, den Erschein vom 17.1.1978 einzuziehen, da dieser durch den Tod der Erbin unrichtig geworden sei.

Ebenfalls am 23.4.2013 hat die Beteiligte zu 2) - in Abänderung vom zuvor gestellten Erbscheinsantrag - beantragt, einen Erschein zu erteilen, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1) und 2) beerbt worden ist und den Erbschein vom 17.2.1978 einzuziehen.

Sie hat geltend gemacht, die Tochter der Erblasserin habe in deren Haus gewohnt. Die Erblasserin habe sie als Vorerbin eingesetzt, um ihr den weiteren Verbleib in der Grundbesitzung zu gewährleisten. Sie habe den Sohn nicht benachteiligen wollen und ihn deshalb zum Nacherben eingesetzt, ersatzweise dessen Frau und wiederum ersatzweise dessen Kinder. Keinesfalls habe sie ihrer Tochter die Wahl überlassen wollen, wer von den zuvor benannten Personen (Nach-)Erbe werden solle. Das widerspräche § 2065 BGB.

Das AG hat auch diesen Antrag durch Beschluss vom 11.7.2013 zurückgewiesen, der hiergegen gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 29.7.2013 durch Beschluss vom 5.8.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die gem. § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das AG hat den Erbscheinsantrag zu Recht zurückgewiesen.

Die Erblasserin ist nicht von den Beteiligten, sondern von ihrer Tochter, G. M., beerbt worden.

Der damalige Nachlassrichter hat das Testament zu Recht dahin ausgelegt, dass die Nacherbfolge (nur) bedingt für den Fall angeordnet wurde, dass ihre Tochter weder von ihrem Bruder, ihrer Schwägerin oder ihren Nichten, egal in welcher Zusammensetzung, beerbt wird.

Es ging der Erblasserin darum, zu gewährleisten, dass ihre zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verwitwete ...

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