Leitsatz (amtlich)
1. Der Wille, dass eine früher angeordnete Nacherbfolge nicht mehr gelten soll, kann gerade dadurch zum Ausdruck kommen, dass die im früheren Testament verfügte Erbeinsetzung (hier: Einsetzung des Ehegatten zum Alleinerben) wiederholt, die Nacherbeneinsetzung ("... Nach seinem Tod sollen mein Patenkind W. die Hälfte des noch vorhandenen Vermögens sowie D. und S die andere Hälfte des noch vorhandenen Vermögens erhalten.") aber weggelassen wird.
2. Für die Annahme einer durch ergänzende Auslegung zu schließenden Lücke dahin, dass der Erblasser bei Vorversterben des Ehegatten nicht die gesetzliche Erbfolge, sondern das Wiederaufleben des ersten Testaments gewollt hat, bedarf es einer Andeutung in der Folgeverfügung.
3. Lassen sich die letztwillige Verfügung und die Folgeverfügung - jeweils für sich betrachtet - objektiv nicht miteinander in Einklang bringen, so greift die Aufhebungswirkung des früheren durch das spätere Testament.
Normenkette
BGB §§ 2254, 2258 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 13.06.2012; Aktenzeichen 42 VI 398/11) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 400.000 EUR.
Gründe
I. Die am 13.12.2011 verstorbene Erblasserin war die Witwe ihres am 1.7.2007 vorverstorbenen Ehemannes H. A. K. S..
Unter dem 19.4.2001 hat die Erblasserin in einem privatschriftlichen Testament unter Anderem wie folgt verfügt:
"Mein letzter Wille ..."
Hiermit lege ich fest, dass mein Ehemann,... mein alleiniger Erbe ist.
...
Nach seinem Tode sollen mein Patenkind W. Z.,... die Hälfte des noch vorhandenen Vermögens sowie D. S.,... und S. B. die andere Hälfte des vorhandenen Vermögens erhalten."
Unter dem 23.10.2004 sowie gleich lautend unter dem 25.12.2004 und 18.4.2005 verfügte die Erblasserin:
"... Hiermit bestimme ich, dass mein Ehemann,... mein alleiniger Erbe ist."
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 18.4.2012 hat der Beteiligte zu 1 unter Berufung auf das Testament vom 19.4.2001 einen ihn neben den Beteiligten zu 7 und 8 (zu je 1/4) als Erbe zu 1/2 nach der Erblasserin ausweisenden Erbschein beantragt.
Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag nach Hinweis vom 3.5.2012 mit Beschluss vom 13.6.2012 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 könne nicht entsprochen werden, weil die Erbfolge nach der Erblasserin sich nach dem Gesetz und nicht nach einer letztwilligen Verfügung richte.
Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1 enthalte das Testament vom 19.4.2001 keine ausdrückliche Nacherbenbestimmung. Dies folge schon daraus, dass die im letzten Absatz dieses Testaments aufgeführten 3 Personen nur nach dem Tod des Ehemannes das noch vorhandene Vermögen erben sollten.
In dieser Ausdrucksweise komme typischerweise die Anordnung einer Vor-/Nacherbschaft zum Ausdruck. Allerdings enthalte auch die Einsetzung als Nacherbe im Zweifel die Einsetzung als Ersatzerbe, § 2102 Abs. 1 BGB, wenn der eingesetzte Vorerbe, hier der Ehemann, vor der Erblasserin, verstorben sei. Gleichwohl sei der Beteiligte zu 1 vorliegend nicht zum Mitersatzerben der Erblasserin berufen. Nach dem 19.4.2001 habe die Erblasserin nämlich 3 weitere privatschriftliche Testamente errichtet, in denen sie jeweils allein ihren Ehemann zum - uneingeschränkten - Erben bestimmt habe, und zwar ohne die Verfügungsbeschränkung, wie sie sie im Testament vom 19.4.2001 angeordnet habe.
Daraus ergebe sich, dass sie ihren Ehemann mit den nachfolgenden Testamenten zu ihrem uneingeschränkten Erben habe berufen, seine Beschränkung u. A. durch die Anordnung der Vor-/Nacherbschaft mithin nicht habe aufrechterhalten wollen. Dies führe dazu, dass auch die in der Anordnung der Vor-/Nacherbschaft enthaltene Ersatzerbeneinsetzung im Testament vom 19.4.2001 durch die nachfolgenden Testamente gem. § 2258 Abs. 1 BGB widerrufen sei. Aufgrund Wegfalls des eingesetzten Alleinerben vor dem Erbfall richte sich die Erbfolge nach der Erblasserin daher nach dem Gesetz.
Gegen diesen ihm am 20.6.2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seinem am 18.7.2012 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, mit dem er seinen Erbscheinsantrag weiterverfolgt.
Er macht unter Anderem geltend, entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts - dies ergebe die Auslegung - habe die Erblasserin die im Testament vom 19.4.2001 enthaltenen Erbeinsetzungen zu seinen Gunsten sowie zugunsten der Beteiligten zu 7 und 8 durch die nachfolgenden letztwilligen Verfügungen nicht wirksam widerrufen. Es sei davon auszugehen, dass die Erblasserin ihrem Ehemann mit der Wiederholung bzw. Bestätigung der Erbeinsetzung habe eine Freude machen wollen. Die Erblasserin habe immer wieder betont, dass sowohl ihr Patenkind, der Beteiligte zu 1, als auch die Beteiligten zu 7 und 8 ihre Erben werden sollten (Zeugnis I. Z., M. v. N., Rechtsanwältin G.).
Mit weiterem Beschluss vom 23.7.2012 hat das Nachlassgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und ...