Leitsatz (amtlich)
1. Sind in einem nach § 65 Abs. 1 FamFG zu begründenden Rechtsmittel Gründe nicht angeführt, so genügt das AG (hier Nachlassgericht) seiner Begründungspflicht im nachfolgenden Nichtabhilfebeschluss im Allgemeinen bereits mit einer kurzen Begründung oder einer Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung, sofern (nach dem Inhalt der Beschwerde und dem sonstigen Akteninhalt) nachvollziehbar ist, dass es die Beschwerdebegründung zumindest in seine Erwägungen mit einbezogen hat.
2. Verneint das Nachlassgericht in seiner (einen Erbscheinsantrag zurückweisenden) angefochtenen Entscheidung einen Grund zur Anfechtung einer Erbausschlagung, geht es dabei ohne nähere Begründung von der Wirksamkeit der Ausschlagung aus, ohne sich mit Blick auf § 1947 BGB mit einer thematisierten Bedingung (Die Ausschlagung von Seiten der Kinder sei erfolgt "unter der Voraussetzung, dass ihr Vater damit Erbe" werde; dies sei "deren Bedingung" gewesen.) auseinanderzusetzen und greift die Beschwerde dies auf ("Die Kinder der Verstorbenen haben ausdrücklich in ihren jeweiligen Erbausschlagungen als Bedingung formuliert, dass ihr Vater Alleinerbe werden müsse!"), so ist es unzureichend, der Beschwerde "aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung" nicht abzuhelfen, ohne im Nichtabhilfebeschluss auf den bislang unerörtert gebliebenen rechtlichen Aspekt der "bedingten" Ausschlagung einzugehen; diese Verfahrensweise führt - zumal mit Blick auf eine nicht erfolgte Anhörung der potentiellen Erben zweiter Ordnung - zur Rückgabe der Sache an das Ausgangsgericht.
Normenkette
FamFG § 65 Abs. 1, § 68 Abs. 1 S. 1, § 69 Abs. 1, § 2; BGB § 1947
Verfahrensgang
AG Emmerich (Beschluss vom 18.10.2016; Aktenzeichen 80 VI 193/16) |
Tenor
Der Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss des AG vom 18.10.2016 wird aufgehoben und die Sache zur ordnungsgemäßen Durchführung des Nichtabhilfeverfahrens an das AG zurückgegeben.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist der Witwer der Erblasserin. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind deren gemeinsame Kinder.
Unter dem 10.6.2016 und dem 16.6.2016 erklärten die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils in einer eigenständigen notariellen Urkunde (Nr. 55 der Urkundenrolle für das Jahr 2016, Notar W. S. in Emmerich und Nr. 209 der Urkundenrolle für das Jahr 2016, Notarin G. W. in Rietberg) die Ausschlagung der Erbschaft.
In den gleichlautenden Erklärungen heißt es u.a.:
"Infolge meiner Ausschlagung fällt die Erbschaft, soweit auch - meine Schwester (...)/mein Bruder (...) - die Erbschaft ausschlagen sollte, an meinen Vater, (...)."
Daraufhin stellte der Beteiligte zu 1) am 6.7.2016 unter Beifügung der vorgenannten Erklärungen der Erbausschlagung einen notariell beurkundeten ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins-Antrag (Nr. 61 der Urkundenrolle für das Jahr 2016, Notar W. S. in Emmerich).
Mit Verfügung vom 25.7.2016 wies das Nachlassgericht - Rechtspfleger - darauf hin, dass nach der Ausschlagung der Erbschaft durch die Beteiligten zu 2) und 3) nunmehr - neben dem Beteiligten zu 1) als Ehegatten - die Erben der 2. Ordnung in Betracht kämen.
Sodann erklärten die Beteiligten zu 2) und 3) unter dem 5.8.2016 beziehungsweise 12.8.2016 jeweils die Anfechtung der Erbausschlagung (UR. Nr. 1699/2016, Notar K. -P. R. in Köln und Nr. 284 der Urkundenrolle für das Jahr 2016, Notarin G. W. in Rietberg).
In den gleichlautenden Erklärungen heißt es u.a.:
" (...)
Da unsere Großmutter noch lebt (Großvater ist verstorben) und auch noch Onkels/Tanten unserer Mutter existieren, ist das, was ich und - mein Bruder/meine Schwester - im 2. Absatz der Erbausschlagung vorhatten, offensichtlich nicht zu erreichen.
Wir waren der Auffassung, dass unsere Erklärung (Erbausschlagung) zum unmittelbaren Übergang unseres Erbteils auf unseren Vater als Miterbe führen wird.
Meine Erklärung fechte ich gemäß § 119 Abs. 2 BGB an, denn bei Ausschlagung der Erbschaft gab es eine kausale und objektiv erhebliche Fehlvorstellung über die mit der Erbausschlagung verbundenen Konsequenzen.
Bei Kenntnis der wahren Sachlage wäre von einer Erbausschlagung abgesehen worden. Es war weder mein Interesse, noch das Interesse meines Bruders/meiner Schwester, dass mit der Erbausschlagung andere Miterben in unsere Rechtsstellung eintreten, so dass von einem erheblichen Rechtsirrtum ausgegangen werden muss. Es lag ein Irrtum über die Höhe der durch die Erbausschlagung unserem Vater dann zustehenden Erbquote vor; unser Erbteil sollte unmittelbar auf unseren Vater übergehen.
(...)."
Mit Schriftsatz vom 17.8.2016 hat der Beteiligte zu 1) den Erbscheinsantrag vom 11.7.2016 zurückgenommen und unter Bezugnahme auf die Anfechtungserklärungen der Beteiligten zu 2) und 3) einen (neuen) gemeinschaftlichen Erbschein auf der Grundlage der gesetzlichen Erbfolge beantragt.
Mit Verfügung vom 31.8.2016 hat das Nachlassgericht - Rechtspfleger - darauf hinwiesen, dass von der Wirksamkeit der Erbausschlagungen auszugehen sei, da sich die Beteiligten zu 2) und 3) weder auf einen Erklärungsirrtum noch einen Inhaltsirrtum b...