Leitsatz (amtlich)
Der allgemeinen Versorgung ist ein Elektrizitätsversorgungsnetz dann gewidmet, wenn der Netzbetreiber objektiv in der Lage und subjektiv bereit oder gar verpflichtet ist, jeden Letztverbraucher im Einzugsbereich seines Netzes unabhängig von seiner Individualität an sein Netz anzuschließen und über dieses versorgen zu lassen, sofern dieser es wünscht.
Normenkette
EnWG § 3 Nr. 17, § 110 Abs. 1
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 21.8.2006 gegen den Bescheid der Regulierungsbehörde vom 19.7.2006 zum Aktenzeichen 421-38-20/§ 110 EnWG wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschwerdegegnerin und der weiter beteiligten Bundesnetzagentur zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin ist eine 100 %-ige Tochter der Stadtwerke Sch. GmbH, die in S. ein Blockheizkraftwerk (im Folgenden BHKW) nebst Energieversorgungsnetz betreibt, über welches die A.-K. klinik, das R.-Altenheim und Bewohner des Wohngebiets S. "Zentrum West" mit Elektrizität und Fernwärme versorgt werden. Nach ihren Angaben wurden im Jahre 2005 mit dem an das Energieversorgungsnetz angeschlossenen Blockheizkraftwerk 5.229.416 kWh erzeugt, wovon die an das Netz angeschlossenen Letztverbraucher 4.434.971 kWh verbrauchten, davon die A.-Klinik 3.201.512 kWh, das R.-Altenheim 416.999 kWh und die Bewohner des Wohngebiets "Zentrum West" 816.460 kWh. Die überschüssigen Strommengen wurden in das vorgelagerte Netz gespeist. Aufgrund von Stillstandzeiten des BHKW musste die Beschwerdeführerin 18 % des gesamten Stromabsatzes (7,5 % des von der A.-Klinik verbrauchten Stroms) aus dem vorgelagerten Netz beziehen.
Unter dem 17.1.2006 hat die Beschwerdeführerin bei der Beschwerdegegnerin beantragt, dieses Netz als Objektnetz gem. § 110 Abs. 1 Nr. 3 EnWG anzuerkennen und dazu geltend gemacht, bei dem zur Erschließung des Neubaugebiets verlegten Netz handele es sich um ein 10 kV Ringnetz, das über zwei Einspeisestationen mit dem vorgelagerten Netz verbunden sei und über vier Ortsnetzstationen die Versorgung der Endkunden in Niederspannung durchführe. Da die Betriebsmittel der Mittelspannungsebene auf die Erschließung des Baugebiets unter Beachtung einer möglichen Erweiterung des Baugebiets ausgelegt seien und daher die notwendigen Reserven aufwiesen, sei auch eine Erweiterung des Netzes um industrielle Abnehmer möglich.
Diesen Antrag hat die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 19.7.2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei dem von der Beschwerdeführerin betriebenen Netz handele es sich nicht um ein Objektnetz i.S.d. § 110 Abs. 1 Nr. 1-3 EnWG. Als verfahrensgegenständliches Energieversorgungsnetz könne ausschließlich die Versorgungsinfrastruktur in dem Baugebiet "Zentrum-West" angesehen werden. Die A.-Klinik sei ursprünglich und auch heute noch über eine gesonderte Direktleitung mit dem BHKW als Produktionsstandort verbunden, so dass die Versorgung der Klinik nicht über das nachträglich errichtete Netz "Baugebiet" erfolge. Dieses Netz erfülle nicht die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 Nr. 3 EnWG, weil es nicht überwiegend der Eigenversorgung diene. Eigenversorgung i.S.d. § 110 Abs. 1 Nr. 3 EnWG liege nur dann vor, wenn ein einzelner Verbraucher aus einer der Erzeugungsanlagen versorgt werde. Indessen werde über das Energieversorgungsnetz der Beschwerdeführerin aus dem von ihr betriebenen BHKW ein Baugebiet mit einer Vielzahl von Verbrauchern versorgt. Ungeachtet dessen sei das BHKW ursprünglich nicht zur ausschließlichen oder überwiegenden Versorgung des Baugebiets errichtet und betrieben worden, sondern zur Versorgung des Krankenhauses, das auch den größten Teil des Stroms verbrauche und nicht über das verfahrensgegenständliche Netz beliefert werde.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit einem per Telefax vorab am 21.8.2006 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, die sie unter dem 20.9.2006 begründet hat.
Sie meint, die Aufteilung des Netzes in ein Energieversorgungsnetz "Baugebiet" und eine Direktleitung zur Versorgung der Klinik sei künstlich und entspreche nicht der tatsächlichen Netzsituation. Die Versorgung der Klinik, des Altenheims und der Letztverbraucher im Baugebiet erfolge über ein einheitlich zu betrachtendes Versorgungsnetz. Das BHKW speise in eine 0,4-kV-Sammelschiene ein, über die das Klinikum, das Altenheim und über eine Hochspeisung auch das Baugebiet versorgt werde. Komme es zur Notstromversorgung, könne die Sammelschiene getrennt werden mit der Folge, dass nur der zwingend zur Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs benötigte Bereich des Klinikums weiter mit Strom über das BHKW versorgt werde, nicht aber der Klinikbereich normale Versorgung, das Altenheim und das Baugebiet. Unabhängig davon, dass es auf die Gegebenheiten im Zeitpunkt der Antragstellung ankomme, habe es eine Direktleitung nie gegeben, denn vor der Erschließung des Baugebiet...