Leitsatz (amtlich)
1. Die Beauftragung eines Sachverständigen durch den vom Gericht beauftragten Sachverständigen mit der Beantwortung von Fragen, die nicht unmittelbar zum Spezialgebiet gehören, das der vom Gericht beauftragte Sachverständige abdeckt, ist unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gericht diese Konstruktion erlaubt oder nicht.
2. Stützt sich ein Gutachten eines Gerichtssachverständigen auf gutachterliche Ausführungen eines Dritten, obwohl der Gerichtssachverständige mangels eigener Sachkunde für die Ergebnisse des weiteren Sachverständigen nicht die uneingeschränkte persönliche Verantwortung übernehmen kann, ist ein solches Gutachten im Prozess unverwertbar.
3. Ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse fällt in diesem Fall weder für den vom Gerichtssachverständigen beauftragten weiteren Sachverständigen an, noch kann der Gerichtssachverständige derartige Kosten als Teil seiner eigenen Vergütung liquidieren. Auch ein Vorschuss gemäß § 3 JVEG kann für solche Aufwendungen nicht bewilligt werden.
4. Im Beschwerdeverfahren nach § 4 Abs. 3 JVEG gilt das Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius) nicht.
Normenkette
JVEG §§ 3-4, 8, 12
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 16 OH 16/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde beider Beteiligter wird der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - vom 20. März 2017 abgeändert. Der weitere Vorschuss für den Sachverständigen Dr.-Ing. Brandi wird auf 0 EUR festgesetzt.
Der Antrag des Sachverständigen auf Bewilligung eines weiteren Vorschusses wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I. Die Beschwerde beider Beteiligter ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig. Nach Übertragung des Verfahrens auf die Kammer gemäß Beschluss vom 23. November 2018 (Bl. 1002 R GA) ist gemäß § 4 Abs. 7 JVEG der Senat als Kollegialgericht für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
In der Sache war der Senat als Beschwerdegericht gehalten, den vom Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 20. März 2017 festgesetzten Vorschuss zu überprüfen und gegebenenfalls auch zum Nachteil des Beschwerdeführers herabzusetzen. Im Beschwerdeverfahren nach § 4 Abs. 3 JVEG gilt das Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius) nicht (vgl. Senat, II-10 WF 20/03, Beschluss vom 13. Januar 2004; LSG Berlin-Brandenburg, L 2 SF 133/09 B, Beschluss vom 23. August 2010, Juris Rn. 24).
Der Sachverständige Dr. B. macht mit seinem von der Kammer zutreffend als Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses nach § 3 JVEG ausgelegten Begehren einen Vorschuss für von ihm zum Teil bereits erbrachte Zahlungen an die von ihm beauftragten Dipl.-Ing. H., D. GmbH und A. GmbH in Höhe von insgesamt 25.483,50 EUR geltend, wobei der angefochtene Beschluss sich lediglich mit der Hälfte dieses Betrages in Höhe von 12.741,75 EUR befasst. Ein Vorschuss in Höhe von12.741,75 EUR war bereits unter dem 29. April 2015 bewilligt und an den Sachverständigen ausgezahlt worden (Bl. 623 GA). Die Überprüfung des darüber hinausgehenden Vorschussbegehrens des Sachverständigen führt zu dem Ergebnis, dass dem Sachverständigen ein weiterer Vorschuss nicht zusteht.
1. Ein Vorschuss gemäß § 3 JVEG kann nur für solche Aufwendungen gewährt werden, auf deren spätere endgültige Erstattung ein Anspruch besteht. Das ist hinsichtlich der Aufwendungen, die anlässlich der Beauftragung des Sachverständigen H. durch den Sachverständigen Dr. B. entstanden sind, nicht der Fall.
§ 8 Abs. 1 JVEG regelt abschließend, für welche Tätigkeiten der Sachverständige eine Vergütung erhält. Nach § 8 Abs. 1 Ziff. 4 JVEG sind dem Sachverständigen auch besondere Aufwendungen im Sinne des § 12 JVEG zu ersetzen. Dazu zählen auch die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte. Hilfskraft in diesem Sinne ist eine Person, die auf demselben Gebiet wie der beauftragte Sachverständige tätig ist, den fachlichen Weisungen und der Kontrolle des Sachverständigen in jeder Phase der Gutachtenerstellung unterliegt und dem Sachverständigen entsprechend ihren Fähigkeiten zuarbeitet, wobei der Sachverständige diese Zuarbeit auch selbst hätte erledigen können; trotz der Mitarbeit der Hilfskraft muss die Hauptverantwortung des Sachverständigen für sein Gutachten bestehen bleiben.
Um eine solche Hilfskraft handelt es sich bei dem Sachverständigen H. auch nach den eigenen Ausführungen des Gerichtssachverständigen nicht. Der Sachverständige Dr. B. legt in seinen Schriftsatz vom 26. Juni 2017 (Bl. 969 ff GA) dar, er habe den Sachverständigen H. nicht als Hilfskraft beauftragt, dieser sei vielmehr als Sachverständiger für das Fachgebiet Mess-, Steuerungs- und Regelungselektronik hinzugezogen worden. Mit Nachdruck weist der Sachverständige Dr. B. zudem darauf hin, dass die Annahme, dass der Sachverständige Dr. B. selbst die Arbeit des Sachverständigen H. hätte erledigen können, verfehlt ...