Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Offenkundigkeit einer Aufenthaltsehe und zum Umfang der gerichtlichen Überprüfung mit Blick auf die erstrebte Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses zur Eheschließung im Ausland.
Normenkette
PStG § 5 Abs. 4, § 69b; BGB § 1310 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1353 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 26.02.2007; Aktenzeichen 6 T 417/06) |
AG Wuppertal (Aktenzeichen 59 III 96/05) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen, soweit es sich gegen die Entscheidung des LG in der Hauptsache wendet.
Der Kostenausspruch des LG wird aufgehoben.
Der Antragstellerin wird zur Verteidigung gegen die sofortige weitere Beschwerde des Beigetretenen mit Wirkung ab dem 17.8.2007 Prozesskostenhilfe bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte im Rechtsbeschwerdeverfahren Rechtsanwältin H. beigeordnet; im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin werden monatliche Raten i.H.v. 95 EUR ab November 2007 festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat beantragt, ihr ein Ehefähigkeitszeugnis zur Eheschließung im Ausland auszustellen. Diesen Antrag hat der Standesbeamte des Standesamtes der Stadt B. abgelehnt, weil im Ausland eine Aufenthaltsehe geschlossen werden solle. Dagegen hat die Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts angerufen. Das AG hat den Standesbeamten der Stadt B. angewiesen, der Antragstellerin das begehrte Ehefähigkeitszeugnis zu erteilen. Hiergegen hat sich der Beigetretene mit seinem Rechtsmittel gewandt, das vor dem LG Wuppertal ohne Erfolg geblieben ist. Die zurückweisende Entscheidung des Beschwerdegerichts greift der Beigetretene mit seiner Rechtsbeschwerde an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Das Rechtsmittel des Beigetretenen ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 69b Abs. 3 Satz 2; 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2; 48 Abs. 1 PStG, §§ 27 Abs. 1, 29 FGG. In der Sache bleibt es jedoch ohne Erfolg. Die Entscheidung des LG erweist sich im Ergebnis als rechtsfehlerfrei (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
1. Das LG hat ausgeführt:
Es könne dahingestellt bleiben, ob der Standesbeamte im Rahmen der Prüfung zur Erteilung eines Ehefähigkeitszeugnisses überhaupt Feststellungen darüber zu treffen habe, ob die Verlobten beabsichtigten, im Ausland eine Scheinehe einzugehen. Jedenfalls habe der Standesbeamte im vorliegenden Fall solche Feststellungen nicht mit der für die Verweigerung des Ehefähigkeitszeugnisses erforderlichen hinreichenden Sicherheit getroffen. Das hierfür maßgebliche Merkmal der Offenkundigkeit der Scheinehe sei i.S.d. § 291 ZPO oder im Sinne einer sich aufdrängenden Plausibilität zu verstehen. An einer derartigen Offenkundigkeit fehle es, weil nach den Erklärungen und Äußerungen der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren wie auch bereits bei ihrer Befragung durch den Standesbeamten der Stadt C. zumindest zweifelhaft sei, ob sie selbst eine Scheinehe beabsichtige.
2. Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung letztlich stand, weil sie jedenfalls im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind.
a)aa) Nach den Regelungen der §§ 1310 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs.; 1314 Abs. 2 Nr. 5; 1353 Abs. 1 BGB muss der Standesbeamte seine Mitwirkung an der Eheschließung verweigern, wenn offenkundig ist, dass sich beide Verlobten bei der Eheschließung darüber einig sind, dass sie keine auf Lebenszeit geschlossene Lebensgemeinschaft eingehen, mit anderen Worten einverständlich eine sog. Scheinehe schließen wollen. Zu solchen Scheinehen gehören u.a. ausschließlich zur Erlangung ausländerrechtlicher Vorteile geschlossene Aufenthaltsehen. Nach der seit 1998 geltenden Rechtslage wird der Aufhebungsgrund der sog. Scheinehe zugleich als materiell-rechtliches Ehehindernis normiert, dessen Vorliegen die Eheschließung hindert (KG StAZ 2001, S. 298/299; OLG Frankfurt StAZ 2004, S. 368; auch bereits Senat, StAZ 1999, S. 10/11, unter Aufgabe seiner Rechtsprechung zur alten Rechtslage, StAZ 1996, S. 138 f.).
Das Verbot des § 1310 BGB, an einer aufhebbaren Ehe mitzuwirken, erfasst auch die Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses zur Eheschließung im Ausland (Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, § 69b PStG Rz. 19). Allerdings bestimmt § 69b Abs. 2 Satz 1 PStG, das Ehefähigkeitszeugnis dürfe nur ausgestellt werden, wenn der beabsichtigten Eheschließung kein Ehehindernis entgegensteht. Aus diesem Wortlaut kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, die Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses könne in weitergehendem Umfange als eine sonstige Mitwirkung bei der Eheschließung, insbesondere auch im Falle fehlender Offenkundigkeit einer Aufenthaltsehe, abgelehnt werden. Nach den eingangs bezeichneten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches wird der Aufhebungsgrund der Aufenthaltsehe gerade dadurch zugleich zum materiell-rechtlichen Ehehindernis, dass er infolge des Mitwirkungsverbots des § 1310...