Leitsatz (amtlich)
Grundsätzlich ist der Verkäufer nicht verpflichtet, den Käufer über den Wert der Kaufsache aufzuklären.
Übergibt der Verkäufer eines Grundstückes dem Käufer ein Privatgutachten über den Verkehrswert, so ist dies nicht ohne weiteres so zu verstehen, als wolle der Verkäufer damit den Verkehrswert des Kaufobjektes objektiv zutreffend angeben. Denn der Käufer kann nicht erwarten, dass der Verkäufer für die Richtigkeit des von ihm eingeholten Privatgutachtens einzustehen beabsichtigt.
Ist das Privatgutachten falsch, muss der Verkäufer sich ein etwaiges Verschulden des Privatsachverständigen grundsätzlich nicht gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil der Privatgutachter, der den Verkehrswert des Kaufgrundstückes ermittelt, in aller Regel nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist.
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 1 O 130/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.11.2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mönchengladbach geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten abwenden gegen Sicherheit i.H.v. 45.000 DM, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Sicherheiten können durch Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse mit Sitz in Deutschland geleistet werden.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von den Beklagten Rückabwicklung des Vertrages über den Kauf einer 100 qm großen Eigentumswohnung in B., Wohnanlage G., die in den Jahren 1971 bis 1974 als „Pilotprojekt für angenehmes Wohnen” errichtet wurde.
Der Kläger, der im Mai 1996 von den Beklagten bereits drei Eigentumswohnungen in L. erworben hatte – wegen dieser Objekte hat der Kläger den Beklagten zu 1) erfolglos auf Rückabwicklung in Anspruch genommen (vgl. LG Aachen, Urt. v. 10.8.1999 – 10 O 269/98 und OLG Köln, Urt. v. 9.5.2001 – 13 U 1159/99) –, erhielt danach ein Angebot zum Kauf der hier streitigen Eigentumswohnung. Für die Beklagte war die Firma M. GmbH, vertreten durch den Zeugen S. tätig.
Die Beklagten hatten über diese Eigentumswohnung – ebenso wie über die Wohnungen in L. – von den Dipl.-Ing. D. und F. ein Gutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes erstellen und dem Kläger über die Firma M. aushändigen lassen. Die Sachverständigen bewerteten die Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 400.000 DM. Den Ertragswert ermittelten sie bei Annahme einer Kaltmiete von monatlich 16 DM/qm und Bewirtschaftungskosten i.H.v. 2.304 DM mit 366.000 DM. Den Sachwert/Vergleichswert stellten sie fest mit 4.000 DM/qm, insgesamt also mit 400.000 DM (ausgehend von einem Neubauwert von 4.600 DM/qm abzüglich 12 %).
Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 19.7.1996 die Eigentumswohnung in B. nebst Stellplatz zum Kaufpreis von 422.000 DM. Nach dem Inhalt des Kaufvertrages war die Wohnung unvermietet.
Mitte 1997 musste der Kläger die Eigentumswohnungen in L. veräußern, was ihm zu den von ihm gezahlten Kaufpreisen nicht gelangt. Daher holte er Wertgutachten für eine der Wohnungen in L. und für die Wohnung in B. ein. Der Sachverständige B. ermittelte in seinem Gutachten vom 10.10.1997 per 15.10.1997 für die Eigentumswohnung in B. einen Verkehrswert von 290.000 DM.
Mit Anwaltsschreiben vom 29.10.1997 ließ der Kläger im Wege des Schadensersatzes Rückabwicklung des Kaufvertrages geltend machen; hilfsweise focht er an.
Er hat behauptet, das Gutachten der Sachverständigen D. und F. sei grob fehlerhaft; die Wohnanlage sei bereits vor 1996 zu einem sozialen Brennpunkt heruntergekommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 422.000 DM nebst 7,71 % Zinsen seit dem 6.11.1997 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückauflassung der in den Wohnungs-, Teileigentumsgrundbüchern des AG Bergheim von Z. wie folgt verzeichneten Wohnungs-/Teilungseinheiten:
Blatt …:
Miteigentumsanteil von 78,500/10.000 an dem Grundstück Gemarkung Z., Flur …, Flurstück …, Gebäude und Freifläche, G., groß: 279,38 ar, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Haus 5, G., gelegenen, im Aufteilungsplan mit Nr. 110 bezeichneten Raumeigentumseinheit;
Blatt …
Miteigentumsanteil von 3,030/10.000 an dem vorbezeichneten Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an den Tiefgaragen – KFZ – Stellplatz im Aufteilungsplan mit Nr. G 86 bezeichnet, nebst allen wesentlichen Bestandteilen und gesetzlichen Zubehör,
2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 9.600 DM nebst 7,71 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe das Objekt allein wegen Steuervorteilen erworben und alle das Objekt betreffenden Unterlagen erhalten.
Die Sachverständigen D. und F. hätten ein zutreffendes Gutachten erstattet. Zum Zeitpunkt des Verkaufes an den Kläger habe sich der Wohnpark noch in einem guten Zustand befunden. Sie könnten nicht beurteilen, wie die Anlage sich in der Folgezeit entw...