Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauträgervertrag; mangelhafte Erstellung der Abwasserversorgung bei Anschluss an die öffentlichen Ver- und Entsorgungsleistungen über das Grundeigentum privater Nachbarn
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen eines Bauträgervertrages kann der Erwerber einer (schlüsselfertig zu erstellenden) Wohnung oder eines Hauses bei Fehlen anderslautender vertraglicher Bestimmungen und sonstiger gegenteiliger Anhaltspunkte grundsätzlich davon ausgehen, dass vom Bauträger der Anschluss des Grundstücks an die öffentlichen Ver- und Entsorgungsleitungen, insbesondere diejenigen, hinsichtlich derer - wie bei der Wasser- und Abwasserversorgung - ein Anschluss- und Benutzungszwang nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften besteht, unmittelbar an dieses Netz vorgenommen wird und die Leitungen nicht noch über das Grundeigentum privater Nachbarn geführt werden (Abgrenzung zu OLG München, NZBau 2006, 578 u. OLG Koblenz, BauR 2003, 721ff).
Normenkette
BGB § 634 Abs. 1 Nr. 1, §§ 635, 280
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 05.07.2012; Aktenzeichen 7 O 376/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Wuppertal vom 5.7.2012, Az.: 7 O 376/09, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 55.000 EUR abzuwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit in selber Höhe geleistet haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darum, ob der beklagte Bauträger verpflichtet ist, eine direkte Ableitung des Schmutz- und Oberflächenwasser der Häuser K. Straße 126 und 128 in W., die durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft verbunden sind, so zu gewährleisten, dass diese nicht zuvor über eine Hebeanlage zu führen ist, die sich auf einem fremden Grundstück befindet. Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Mit notariellem Bauträgervertrag vom 29.12.2005 erwarben die Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung in der K. Str. 126 nebst Tiefgaragenstellplatz und Kellerraum, die sich auf Flurstück 91 befindet. An dieses grenzt Flurstück 92 an. Ursprünglich hatte die Beklagte geplant, beide Flurstücke mit insgesamt fünf Mehrfamilienhäusern zu bebauen, die eine einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft bilden sollten. Hierzu kam es jedoch nicht, so dass nunmehr für beide Flurstücke jeweils gesonderte Wohnungseigentümergemeinschaften gebildet wurden. Die Schmutzwasserabführung und die Regenwasserentwässerung für beide Flurstücke erfolgen über eine einheitliche Abwasserhebeanlage, die sich auf dem Flurstück 92 befindet. Dies hat zur Folge, dass das anfallende Schmutzwasser der WEG der Kläger zunächst in den tiefer auf dem Flurstück 92 befindlichen Pumpenschacht geführt und von dort aus in die öffentliche Kanalisation, die sich wiederum in der K. Straße befindet, zurück nach oben gepumpt wird. Hierüber verhält sich eine seit dem 19.12.2008 im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit (Recht zur Benutzung einer Pumpstation nebst der Druckleitungen) unter Bezugnahme auf eine Bewilligung vom 12.11.2008. Das Oberflächenwasser wird über ein Rigolensystem entwässert.
Im Kaufvertrag findet sich unter "2. Kaufgegenstand" unter dem Unterpunkt 2.2. folgende Regelung:
"Der Kaufgegenstand wird nach Maßgabe der in der Teilungserklärung nebst Grundlagen zum Bauträgervertrag (...) niedergelegten Unterlagen (Teilungserklärung, Lageplan, Baupläne, Wohnflächenberechnung, Baubeschreibung, Baulasten etc.) sowie dem dieser heutigen Urkunde beigefügten Wohnungsgrundriss (Anlage 1) schlüsselfertig einschließlich privater Erschließungsanlagen hergestellt."
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, dass die Abführung des Abwassers vom Grundstück nicht vertragsgemäß und daher mangelhaft sei. Zwar gebe es keine eindeutige vertragliche Vereinbarung zur Ausgestaltung der Abwasserabführung. Das Wasser zunächst auf ein tiefer gelegenes fremdes Grundstück zu leiten, und von dort wieder nach oben Richtung Straße zu pumpen, sei mangelhaft, da nicht der leichteste und kürzeste Weg gewählt werde. Auch hätten sie keine Möglichkeit, Eigentum an der sich auf dem fremden Grundstück befindlichen Hebeanlage zu erwerben. Ferner seien die Stromkosten der Pumpstation - erstinstanzlich unstreitig - bislang allein von ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft getragen worden.
Die Beklagte hat die gewählte Ausführung unter Bezugnahme auf Teil V der Teilungserklärung für vertragsgemäß gehalten.
Durch die auf dem Fremdgrundstück befindliche mit diesem gemeinsam genutzte Abwasseranlage seien die Betriebskosten pro Wohneinheit um 25 % gesenkt worden und die Herstellungskosten für einen weiteren Kanalanschluss sowie eine zusätzlich Fäkaliendoppelhebeanlage für das Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft der Kläger gespart worden. Auch sei es in Wuppertal ortsüblich, eine einheitliche Pumpenentwässerung auch ...