Entscheidungsstichwort (Thema)
"Verkappte" Fachhandwerkerklausel im Gewerberaummietvertrag
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 27.05.2010) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.5.2010 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mönchengladbach - Einzelrichterin - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 225 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.2.2009 sowie 52,50 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 96 %, der Beklagte zu 4 %.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 92 %, der Beklagte zu 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache i.H.v. 2.457,65 EUR Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen in zuerkannter Höhe von 1.857,20 EUR noch ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Instandsetzung der Thekenentwässerung i.H.v. 600,45 EUR zu. Lediglich in Höhe zuerkannter 225 EUR beruht das angefochtene Urteil im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Entscheidung. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:
1. Schönheitsreparaturen 1.857,20 EUR
Es mag dahin stehen, ob - wozu der Senat neigt - ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht bereits aufgrund des zwischen den Parteien im Verfahren 15 C 121/08 AG Mönchengladbach-Rheydt am 15.10.2008 abgeschlossenen Räumungsvergleichs ausgeschlossen ist. Jedenfalls scheitert der Schadensersatzanspruch bereits daran, dass der Beklagte entgegen der Auffassung des LG nicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet war. Die formularmäßige Schönheitsreparaturen-klausel in § 12 Nr. 3 des Miet-/Pachtvertrages, "Der Mieter ist verpflichtet, Schönheitsreparaturen laufend auf eigene Kosten fachgerecht durchführen zu lassen, sobald der Grad der Abnutzung dies nach der Art des Gewerbebetriebes bzw. der vertraglichen Nutzung erfordert", ist unwirksam, weil in ihr eine Selbstvornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter ausgeschlossen ist und der Mieter hierdurch unangemessen benachteiligt wird (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Nach der gesetzlichen Regelung hat nicht der Mieter, sondern der Vermieter die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Das ergibt sich aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Vermieter das Mietobjekt während der gesamten Vertragszeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten hat. Allerdings weicht die mietvertragliche Praxis, insbesondere in Formularverträgen regelmäßig von diesem gesetzlichen Leitbild ab. Wegen dieser langjährigen Übung, die nach Auffassung des BGH bereits allgemeine Verkehrssitte geworden ist, hat dieser es gebilligt, dass in Formularverträgen Schönheitsreparaturen regelmäßig auf den Mieter verlagert werden, obwohl nach § 307 BGB Bestimmungen, die vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen, in der Regel als unangemessen und damit unwirksam anzusehen sind (BGH RE v. 30.10.1984, WuM 1985, 46 - VIII ARZ 1/84; Urt. v. 6.4.2005, NJW 2005, 2006 - XII ZR 308/02). Denn das Gesetz hat die Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen grundsätzlich disponibel ausgestaltet, weswegen die dafür notwendigen Kosten - wie hier ausdrücklich in § 12 Nr. 3 MV/PV niedergelegt - nicht zwingend in die Miete einkalkuliert sein müssen. Der Gesetzgeber hat die überwiegende mietrechtliche Praxis einer Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei entsprechend geringerer Miete also auch mit der Neuregelung des Mietrechts durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 (BGBl. I, 1149) als im Einklang mit dem gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages stehend akzeptiert.
Ob eine Allgemeine Geschäftsbedingung auch im Einzelfall zulässig ist, hängt von ihrem Inhalt ab, der durch Auslegung zu ermitteln ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Nach dem Wortlaut der Klausel hat der Mieter die Schönheitsreparaturen "fachgerecht durchführen zu lassen". Dies kann aus der Sicht eines verständigen Mieters - jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung - nur die Bedeutung haben, dass ihm die Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung nicht gestattet ist, sondern dass er sich hierzu einer Fachfirma bedienen muss.
Für dieses ...