Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 2 O 256/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 17.11.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Kläger auferlegt.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des Motors EA 288, der in dem von ihm am 07.01.2014 von der Firma A. zum Preis von 34.282,50 EUR erworbenen Neufahrzeug Marke VW Golf GTD verbaut ist, auf Schadensersatz wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Anspruch. Er veräußerte das Fahrzeug am 13.10.2020 mit einem km-Stand von 92.829 km zu einem Preis von 13.000,- EUR weiter.
Der Kläger hat zunächst unter Abzug einer Nutzungsentschädigung von der Beklagten die Zahlung von 24.063,57 EUR verlangt. Nach Veräußerung des Fahrzeugs verlangt er Zahlung von 10.674,47 EUR, wobei er für die gefahrenen Kilometer unter Berücksichtigung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km eine Nutzungsentschädigung von 10.608,03 EUR und den erhaltenen Kaufpreis von 13.000,- EUR von dem von ihm gezahlten Kaufpreis von 34.282,50 EUR in Abzug bringt.
Das Fahrzeug ist nicht von einer Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) betroffen gewesen.
Der Kläger hat behauptet, der Motor EA288 sei nahezu baugleich dem Motor EA189 und in ihm sei eine Abschalteinrichtung verbaut, die im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung EG Nr. 715/2007 die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringere. Er hat die Auffassung vertreten, in dem streitgegenständlichen Motor sei eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters verbaut. Durch die verwendete Fahrkurvenerkennung sei die Abgasnachbehandlung auf dem Prüfstand anders als im normalen Fahrbetrieb. Die Beklagte habe die Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erschlichen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht hinreichend substantiiert dargetan habe.
Eine Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten durch die Implementierung eines sogenannten Thermofensters könne sich allenfalls dann ergeben, wenn zu dem Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/ EG im Zusammenhang mit der Entwicklung und Implementierung des sog. Thermofensters weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Beklagte habe dargelegt, dass die Rate der Abgasrückführung im Bereich -24 °C bis +70 °C in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur vollständig arbeite. Die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung unterscheide nicht danach, ob sich das Fahrzeug im normalen Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befinde. Der Vortrag des Klägers, dass die Abgasreinigung nur im Temperaturfenster von 20-30 °C aktiv sei, sei nicht nachvollziehbar. Es könne nach dem Vortrag des Klägers kein direkter Bezug zwischen dem behaupteten Thermofenster und dem Prüfstand hergestellt werden, da ebenfalls nach dem Vortrag des Klägers eine sukzessive Reduzierung der Abgasrückführung abhängig von der Umgebungstemperatur erfolge. Eine unmittelbare Verknüpfung zu den Umgebungstemperaturen von 20-30 °C, bei denen die Prüfstanderkennung zu erfolgen hat, ergebe sich daraus nicht. Im Ergebnis komme es hier nicht darauf an, ob die Beklagte das vom Kläger beschriebene enge Thermofenster in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verwendet habe oder nicht. Es fehle jedenfalls nach dem Vortrag des Klägers an Anhaltspunkten für einen bewussten Gesetzesverstoß der Beklagten. Die pauschale Behauptung eines vorsätzlichen Verhaltens der Beklagten reiche nicht aus. Gegen ein Bewusstsein der Gesetzeswidrigkeit auf Seiten der Beklagten spreche, dass die unionsrechtliche Zulässigkeit von Thermofenstern sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht umstritten gewesen sei. Der EuGH sehe in dem Thermofenster zwar eine unzulässige Abschalteinrichtung, was aber nichts über die Vorstellung der Beklagten im Zeitpunkt der Erteilung der Typengenehmigung besage. Die Annahme der Beklagten, dass es sich bei dem von ihr eingesetzten Thermofenster nicht um eine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 1 der VO 715/2007/EG handele, und dass diese zumindest nach Art. 5 Abs. 2 S. 2 der VO 715/2007/EG gerechtfertigt sei, sei bei der gebotenen ex-ante Betrachtung keinesfalls unvertretbar gewesen. Das KBA als Bundesbehörde vertret...