Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 68/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 31. Mai 2017 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 12 O 68/17 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die einstweilige Verfügung vom 29. März 2017 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Verfügungsklägerin.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagten auf Unterlassung von Äußerungen, die die Verfügungsbeklagte zu 1) in einer Pressemitteilung vom 14. März 2017 gemacht hat, in Anspruch.
Die Verfügungsklägerin ist ein deutscher Automobilhersteller mit Sitz in A.... Bei der Verfügungsbeklagten zu 1) handelt es sich um einen gemeinnützigen eingetragenen Verein, der im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes tätig ist; der Verfügungsbeklagte zu 2) ist deren Bundesgeschäftsführer und verantwortlich für den Inhalt der unter der URL "B..." abrufbaren Internetseite.
Am 14. März 2017 veröffentlichten die Verfügungsbeklagte zu 1) auf der vorgenannten Internetseite eine Pressemitteilung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, mit dem Titel "Wegen der weitgehend unwirksamen Softwareupdate bei Betrugs-Diesel von VW: Deutsche Umwelthilfe erhebt heute Klage gegen Kraftfahrt-Bundesamt". Anlass dieser Pressemitteilung war eine von der Verfügungsbeklagten zu 1) im realen Fahrbetrieb vorgenommene Untersuchung eines Fahrzeugs der Marke VW Golf VI Variant, bei dem die Verfügungsklägerin zuvor Nachrüstmaßnahmen in Form eines Updates der Software durchgeführt hatte. Diese Nachrüstmaßnahmen wurden notwendig, nachdem im Herbst 2015 bekannt geworden war, dass Dieselmotoren der Verfügungsklägerin des Typs EA189EU5 über eine Gerätesoftware zur Motorsteuerung mit Fahrzykluserkennung verfügen, die erkennt, wenn das Fahrzeug unter Laborbedingungen getestet wird. Dies führt dazu, dass sich der Motor unter Laborbedingungen aufgrund von Abschaltvorrichtungen in einem optimierten Modus befindet und weniger Stickoxide ausstößt als im realen Fahrbetrieb. Die Parteien sind sich darüber einig, dass in der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannten Emissionsgrenzwerte für Stickoxide im realen Fahrbetrieb nicht eingehalten werden. Sie streiten darüber, ob die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 hinsichtlich der Frage, ob die Emissionsgrenzwerte einhalten werden, an den realen Fahrbetrieb anknüpft. Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die von der Verfügungsbeklagten vorgenommenen Straßenmessungen seien zur Feststellung der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte ungeeignet, weil die einschlägige EU-Verordnung nur eine Einhaltung unter gesondert definierten Laborbedingungen im neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) verlange. Die Verfügungsbeklagten vertreten die Auffassung, die unter Prüfstandbedingungen ermittelten Emissionswerte könnten dann keine alleinige Grundlage für die Zulassung bzw. Aufrechterhaltung der Genehmigung eines Fahrzeugtyps mehr sein, wenn sie "unter normalen Betriebsbedingungen" nicht ansatzweise erzielbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 29. März 2017 hat das Landgericht antragsgemäß den Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, durch näher bezeichnete Textpassagen den Eindruck zu erwecken, dass für den Golf Diesel (Euro 5) im realen Fahrbetrieb ermittelte Emissionswerte zeigten, dass die gesetzlichen Emissionswerte nicht eingehalten werden. Mit dem am 31. Mai 2017 verkündeten Urteil hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 29. März 2017 im Wesentlichen bestätigt. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 1004 BGB in Verbindung mit §§ 823, 824 Abs. 1 BGB. Der durch die angegriffenen Einzelaussagen herbeigeführte Eindruck sei, im Kontext gesehen, eine Tatsachenbehauptung. Soweit die Verfügungsbeklagten auf die im realen Fahrbetrieb ermittelten Werte abstellen, mag dies zwar Elemente einer rechtlichen Würdigung enthalten, jedoch lässt es den im Vordergrund stehenden Tatsachenkern "Überschreitung der Grenzwerte" nicht entfallen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Verfügungsbeklagte in der Pressemitteilung mit einem Wort die Messungen der Verfügungsklägerin unter Laborbedingungen oder die Problematik der Abschaltvorrichtungen erwähne.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen. Sie machen geltend, bei den streitgegenständlichen Äußerungen handele es sich um Schlussfolgerungen und rechtliche Beurteilungen und damit insgesamt um Sachverhaltsbewertungen mit der Folge, dass sie der Meinungsfreiheit unterfallen. Dem Durchschnittsrezipienten sei bekannt, dass die von der Verfügungsklägerin verwendeten Absc...