Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverschleppungshaftung des Konzernvorstands wegen Zahlungen von Tochtergesellschaften in den Cash-Pool "Babcock Borsig"

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 13.12.2011; Aktenzeichen 1 O 507/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 13.12.2011 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Duisburg unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger - jeweils Zug um Zug gegen die Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderungen der nachgenannten Gesellschaften gegen die B. B. AG - 8.000.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. zu zahlen, und zwar der Beklagte zu 1) seit dem 25.6.2010, der Beklagte zu 2) seit dem 29.12.2009 und der Beklagte zu 3) seit dem 11.1.2010, wobei hiervon ein Teilbetrag in Höhe von 2.545.830,65 EUR auf den Schaden der B. P. P. GmbH, ein Teilbetrag in Höhe von 654.169,35 EUR auf den Schaden der B. Service Ratingen GmbH sowie Teilbeträge in Höhe von jeweils 1.600.000,00 EUR auf die Schäden der B. Prozessautomation GmbH, der B. Versicherungs-Vermittlungs GmbH und der V. K. GmbH entfallen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben zu 10 % der Kläger und zu 90 % die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der zuletzt in Oberhausen geschäftsansässigen V. K. GmbH (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin), einer Gesellschaft des von der B. B. AG (nachfolgend: BB AG) als Holding-Gesellschaft geführten B.-Konzerns, zu dem unter anderem auch noch die BBP GmbH, die B. Service Ratingen GmbH, die B. Prozessautomation GmbH und die B. B. Versicherungs-Vermittlungs GmbH gehörten. Über das Vermögen der BB AG wie auch der genannten vier weiteren Konzernunternehmen ist ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet. Insolvenzverwalter sämtlicher Gesellschaften ist ebenfalls der Kläger. Der Beklagte zu 1) war bis zum 14.6.2002 der Vorstandsvorsitzende der BB AG, der Beklagte zu 2) war bis zum 4.7.2002 - dem Tage der Stellung des Insolvenzantrages für diese Gesellschaft - deren Finanzvorstand, der Beklagte zu 3) bis zu diesem Zeitpunkt und noch für einige Monate darüber hinaus deren weiteres Vorstandsmitglied. Aufgabe der BB AG war es unter anderem, in einem sog. "cash pool"-System die Gelder aller Konzerngesellschaften zentralisiert zu verwalten und den gesamten Zahlungsverkehr des Konzerns abzuwickeln. Etwaige Guthaben der Konzerngesellschaften wurden im Rahmen dieses Systems banktäglich an die BB AG übertragen; diese erwarben in der entsprechenden Höhe Ausgleichsansprüche gegen die BB AG. Etwaige, zur Zahlung von Verbindlichkeiten der Konzerngesellschaften benötigte Finanzmittel wurden diesen von der BB AG zur Verfügung gestellt; in dem entsprechenden Umfang verringerten sich die Forderungen der Konzerngesellschaften gegen die BB AG oder es entstanden Verbindlichkeiten dieser Gesellschaften gegenüber der BB AG. Wegen der weiteren Einzelheiten der in diesem Zusammenhang von den Konzerngesellschaften mit der BB AG getroffenen Abmachungen wird auf die von dem Kläger vorgelegten Rahmenverträge (Anlagenkonvolut TW 16) Bezug genommen.

Gegenstand der vorliegenden Klage sind Ansprüche des Klägers aus eigenem Recht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin und aus durch Vereinbarung mit dem Sonderinsolvenzverwalter vom 10./11.12.2009 (Anlage TW 8) abgetretenem Recht der BBP GmbH, der BBP GmbH, der B. Prozessautomation GmbH sowie der BB Versicherungs-Vermittlungs GmbH auf Ersatz des (Neugläubiger-)Schadens, den die genannten Gesellschaften nach dem Vortrag des Klägers in der Zeit vom 1.4.2002 bis 3.7.2002 erlitten haben, weil es die Beklagten trotz der - nach der Behauptung des Klägers schon am 28.3.2002 eingetretenen - Zahlungsunfähigkeit der BB AG zunächst unterlassen haben, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für diese Gesellschaft zu stellen und daher die Konzerngesellschaften im Rahmen des auch in dieser Zeit noch weiter geführten "cash pool"-Systems der BB AG weiterhin Finanzmittel zur Verfügung gestellt, werthaltige Erstattungsansprüche gegen die BB AG im Gegenzug aber nicht mehr erhalten zu haben.

Der durch die behauptete Insolvenzverschleppung der Beklagten entstandene Gesamtschaden aller fünf durch ihn klagenden Konzerngesellschaften in Höhe von 21.518.975,20 EUR in dem der Klage zugrunde liegenden Zeitraum setzt sich nach dem - gegenüber der ersten Instanz zwischenzeitlich teilweise modifizierten - Vortrag des Klägers im Einzelnen wie folgt zusammen:

Schaden der BBP GmbH gemäß Ü...

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