Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 7 O 67/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. März 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der Anschlussberufung abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Die Revision wird nicht zugelassen. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin und Verkäuferin eines gebrauchten Dieselfahrzeuges der Marke BMW auf Erstattung des gezahlten Kaufpreises mit der Begründung in Anspruch, im Fahrzeug sei eine unzulässige Abschaltvorrichtung in Gestalt eines Thermofensters eingebaut. Er stützt seinen Klageantrag in erster Linie auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, hilfsweise auf Rückerstattung nach Rücktritt und äußerst hilfsweise nach Anfechtung auf den Gesichtspunkt der Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Der Kläger erwarb das erstmals am 19.12.2013 zum Straßenverkehr zugelassene Fahrzeug (BMW X 1, Drive 20d) von der Beklagten zum Preis von 20.900,00 EUR netto gemäß § 25a UStG, auf der Grundlage einer Bestellung vom 12.05.2017. Im Erwerbszeitpunkt wies es eine Fahrleistung 68.222 km auf. Der Kläger ließ das Fahrzeug am 18.05.2017 auf sich zu und führt es seither ohne wesentliche Beanstandungen im Straßenverkehr. Die Beklagte wurde bei Abschluss des Kaufvertrages von ihrer Niederlassung in A. vertreten, die über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt. Dem Kauf lagen Allgemeine Geschäftsbedingungen (B 1) zugrunde die bei Gebrauchtfahrzeugen eine Gewährleistungsfrist von 1 Jahr vorsehen.
Das Fahrzeug verfügt über ein Automatikgetriebe, in ihm ist ein Dieselmotor N47 verbaut, der von der Beklagten entwickelt wurde. Er verfügt über eine Leistung von 135 kw bei 1995 cbcm Hubraum. Das Fahrzeug besitzt eine Typenzulassung der Schadstoffklasse Euro 5. Der Motor und dessen Steuerung war - gemäß den Gepflogenheiten bei der Beklagten - bereits von der Systemgenehmigungsbehörde NSAI (National Standards Authority of Ireland) vorab geprüft und gesondert zugelassen worden, die Bescheinigung wurde dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Rahmen des Antrages auf Erteilung der Typengenehmigung vorgelegt und von ihm zugrunde gelegt; das KBA nahm darüber hinaus keine eigene Prüfung der Zulässigkeit der Motorsteuerung vor. Die Abgasreinigung des Fahrzeuges erfolgt ausschließlich über die so genannte Abgasrückführung (AGR), das Fahrzeug verfügt daneben über einen Dieselpartikelfilter. Das Fahrzeug reguliert die Abgasrückführung in streitigem Umfang in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur und der Motordrehzahl. Der Motor N47 wurde in dieser Form bis zum Inkrafttreten der Euronorm Euro 6 im Juli 2015 verbaut und eingesetzt. Seither wird in vergleichbaren Fahrzeugen das Nachfolgemodell B47 eingesetzt, das über einen SCR-Katalysator und eine Typenzulassung der Schadstoffklause Euro 6 verfügt. Der Fahrzeugtyp des Klägers ist bislang nicht Gegenstand von Anordnungen des Kraftfahrtbundesamtes (Rückrufen) aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Abschalteinrichtungen. Dies ist nur bei zwei Modellen der Beklagten, nämlich den Modellen 750d und 550d im Jahre 2018 der Fall gewesen. Hier hatten sich Abweichungen ergeben, die Anlass für eine Rückrufanordnung des KBA waren. Zur Abhilfe hat die Beklagte ein Softwareupdate entwickelt und den hiervon betroffenen Haltern kostenfrei angeboten.
Im Zuge der Diskussion um die so genannte VW-Dieselabgasaffäre wurden vom Bundestag Untersuchungen auch bei Fahrzeugmodellen der Beklagten zum Vorliegen von Abschalteinrichtungen angeordnet, die jedoch offiziell zu keinem positiven Befund führten. Die deutsche Umwelthilfe (im Folgenden DUH) unternahm ab dem Jahre 2017 Fahrversuche auf einer Teststrecke mit einem Modell 320d, in dem der Nachfolgemotor B47 verbaut war. Die zu sogenannten RealDriveEmission (RDE) durchgeführten insgesamt 8 Fahrversuche im realen Straßenverkehr ergaben Sickstoffwerte, die im Mittel den für den Rollenstand maßgeblichen Wert der Schadstoffklasse Euro 6 von 80 mg/km um den Faktor 2,6 überstiegen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2019 ließ der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrages und den Rücktritt von diesem erklären, gestützt auf die Behauptung, im Fahrzeug sei eine illegale Abschaltvorrichtung vorhanden, die bewirke, dass die für die Einhaltung der Schadstoffwerte eingesetzten Mechanismen außerhalb des Prüfstandes dauerhaft außer Kraft gesetzt bzw. herunter reguliert würden. Damit gehe eine massive Verschlechterung der Abgaswerte während des regulären Fahrbetriebes einher. Da das Fahrzeug beim Kauf als verhältnismäßig schadstoffarm dargestellt worden sei, sei er von der Beklagten arglistig getäuscht worden. Es liege zudem ein deliktisches Verhalten vor, nämlich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, auf diese werde die Rückforderung in erster Linie gestützt.
Es liege aber auch ein Sachmangel vor, ein Fahrzeug sei mange...