Leitsatz (amtlich)
1. Insolvenzfest und einem Aussonderungsrecht i.S.d. §§ 47, 106 InsO vergleichbar kann auch ein künftiger Auflassungsanspruch sein, der durch eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragene Vormerkung gesichert wird (Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2017 - IX ZR 288/14, Rn. 23 f., juris).
2. Ist Gegenstand eines Anfechtungsrechtsstreits gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG die Duldung der Zwangsvollstreckung in ein vom Hauptschuldner übertragenes Grundstück, das zugunsten eines Dritten mit einem insolvenzfesten Rückforderungsrecht belastet ist, führt die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Hauptschuldners nicht dazu, dass der Rechtsstreit gemäß §§ 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG, 249 ZPO unterbrochen ist. Der Anfechtungsgläubiger ist weiter prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert. Jedoch fehlt es an der gemäß § 1 Abs. 1 AnfG erforderlichen Gläubigerbenachteiligung, weil das Grundstück von vorneherein mit einem vormerkungsgesicherten Rückauflassungsanspruch übertragen worden ist.
Normenkette
AnfG § 1 Abs. 1, §§ 2, 16 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1; InsO §§ 47, 106
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 1 O 210/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.08.2019 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve (1 O 210/18) - Einzelrichterin - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestands wird mit Rücksicht auf §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in der seit dem 01.01.2020 geltenden Fassung abgesehen.
II. Die zulässige Berufung hat, wie der Senat mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss vom 16.12.2020 erörtert hat, in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Senat hat über die zulässige Berufung der Klägerin zu entscheiden.
Der Rechtsstreit ist nicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG - mit den Wirkungen des § 249 ZPO - unterbrochen. Die Norm setzt voraus, dass über das Vermögen eines Hauptschuldners i.S.v. § 2 AnfG ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und dass ein Insolvenzgläubiger eine Anfechtungsklage zur Durchsetzung eines Einzelgläubigeranspruchs (gegen einen Dritten) erhoben hatte, deren Gegenstand vom Insolvenzbeschlag über das Schuldnervermögen erfasst wird. Abs. 1 Satz 1 gilt auch bei der Insolvenzeröffnung mit Eigenverwaltung und nach der Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens i.S.v. §§ 304 ff. InsO (vgl. MüKoAnfG/Kirchhof, 1. Aufl. 2012, § 17 Rn. 3).
Vorliegend wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Kleve am 22.09.2018 über das Vermögen der Schuldnerin das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet (Az. 38 IK 33/18). Die Klägerin hat wegen eines titulierten Anspruchs gegen die Schuldnerin i.S. des § 38 InsO gegen die Beklagte als Dritte Anfechtungsklage erhoben, die seit Zustellung der Klageschrift am 07.08.2018 rechtshängig ist.
Das streitgegenständliche Grundstück, das Gegenstand der Anfechtung ist, müsste vom Insolvenzbeschlag i.S. der §§ 35 f. InsO erfasst sein, wenn es sich noch im Vermögen der Schuldnerin befände. Dies trifft regelmäßig auf Gegenstände zu, die - von der anfechtbaren Entäußerung abgesehen - zum pfändbaren Vermögen des Schuldners gehörten (sog. "Sollmasse", vgl. MüKoInsO/Peters, 4. Aufl. 2019, § 35 Rn. 19; MüKoAnfG/Kirchhof, a.a.O., § 16 Rn. 10). Zwar war die Schuldnerin aufgrund des notariellen Vertrages von 24.07.2008 unstreitig als Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks in das Grundbuch eingetragen worden. Ihre Eigentümerstellung endete erst, als die Beklagte aufgrund des - angefochtenen - Vertrages vom 18.08.2016 als Eigentümerin eingetragen wurde.
Jedoch stand der Zeugin E. aufgrund des mit einer Vormerkung gesicherten Rückübertragungsanspruchs gemäß Ziff. 12 ff. des Vertrages vom 28.07.2008 u.a. für den Fall der Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz sowie dessen Belastung oder Veräußerung ohne ihre Zustimmung - falls sie diesen geltend machte - ein Aussonderungsrecht an dem Hausgrundstück zu (§§ 47, 106 ff. InsO). Nach Sinn und Zweck des § 47 InsO steht ein Aussonderungsrecht nur demjenigen zu, der sich zu Recht darauf beruft, dass der umstrittene Gegenstand zu seinem Vermögen und nicht zu demjenigen des Schuldners gehört. Die Zuordnung wird in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Jedoch können schuldrechtliche Ansprüche bei einer den Normzweck beachtenden wertenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuordnung führen (BGH, Urt. v. 24.06.2003 - IX ZR 75/01, Rn. 18, juris). Die Vorschriften der §§ 883, 888 BGB ermöglichen es, schuldrechtliche Ansprüche für Rechte an Grundstücken zwangsvollstreckungs- und insolvenzfest zu gestalten (BGH, Urt. v. 24.06.2003 - IX ZR 75/01, Rn. 28). Bei dem gemäß § 106 InsO mit Vormerkung gesicherten Recht handelt es sich um die Verstärku...