Leitsatz (amtlich)
1. Der Mieter kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache wegen eines Mangels ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, es sei denn die durch den Mangel bewirkte Entziehung des vertragsmäßigen Gebrauchs ist unerheblich.
2. Besteht der wichtige Grund wie bei dem Auftreten eines Mangels in der - objektiven - Verletzung einer Pflicht des Vermieters aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist zulässig.
3. Vor der fristlosen Kündigung obliegt dem Mieter nach unzureichenden Abhilfebemühungen des Vermieters nicht eine erneute Mängelanzeige nebst einer weiteren Fristsetzung zur Abhilfe, es sei denn die sofortige Kündigung wäre treuwidrig.
4. Nutzungsentschädigung steht dem Vermieter nur zu, wenn der Mieter dem Vermieter die Mietsache vorenthält, also gegen den Willen des Vermieters zurückbehält; daran fehlt es, wenn der Vermieter den Mietvertrag nicht als beendet ansieht und die Räumung nicht verlangt.
Normenkette
BGB §§ 535, 543, 536c, 546a
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen 7 O 183/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.3.2011 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschl. der Kosten der Streithelferin der Beklagten hat die Klägerin zu tragen. Der Streithelfer der Klägerin trägt seine Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten sowie die Vollstreckung der Streithelferin der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelferin der Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Mietzinsansprüche der Klägerin aus einem Mietverhältnis über gewerbliche Räume in dem Anwesen K.-Straße XX in S., in welchem die Beklagte einen Lebensmittelmarkt betrieb. Der monatliche Mietzins beläuft sich auf insgesamt 12.517,61 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Grundmiete i.H.v. 7.915,55 EUR, einem monatlichen Vorschuss auf anfallende Betriebs- und Heizungskosten i.H.v. 2.603,45 EUR sowie anfallender Mehrwertsteuer i.H.v. 1.998,61 EUR.
Die Klägerin führte in dem Objekt zuletzt umfangreiche Baumaßnahmen durch, deren Ziel es u.a. war, in der ersten Etage zwei Lichthöfe zu schaffen. Zu diesem Zweck wurden die beiden über den von der Beklagten angemieteten Gewerberäumen befindlichen Stockwerke geöffnet.
Mit Schreiben vom 24.7.2008 machte die Beklagte die Klägerin auf einen Wasserschaden in ihren Gewerberäumen aufmerksam, wobei sie mitteilte, dass eine Vielzahl von Deckenplatten (sog. Odenwaldplatten) im Verkaufsraum und auch im Lager durchnässt seien bzw. komplett fehlten. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Ein weiterer Schadensfall ereignete sich im November 2008. Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfang es zu weiteren Wassereinbrüchen in den Geschäftsräumen der Beklagten gekommen ist.
Mit Schreiben vom 20.11.2008 (soweit dieses Schreiben das Datum "20.11.2009" trägt, handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) wandte sich die Stadt S. - Stadtdienst Ordnung - an die Beklagte und teilte dieser mit, im Rahmen einer am selben Tag aufgrund einer Kundenbeschwerde durchgeführten Überprüfung sei festgestellt worden, dass im Verkauf sowie im Lagerbereich an mehreren Stellen Wasser durch die Decke gedrungen sei. Das Wasser sei teilweise auf die zum Verkauf angebotenen Lebensmittel getropft. An einigen Stellen sei der Wassereintritt derart massiv gewesen, dass eine Pfützenbildung zu verzeichnen gewesen sei. Zahlreiche entfernte Deckenplatten hätten Einsicht in die brandbeschichtete, verdreckte Deckenkonstruktion geboten. Die Beklagte wurde aufgefordert, den Wassereintritt kurzfristig abzustellen und die Lebensmittelüberwachung über die getroffenen Maßnahmen zu informieren.
Ebenfalls mit Schreiben vom 20.11.2008 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie den monatlichen Mietzins bis auf weiteres um 25 % mindere. Im dem Schreiben führte sie auszugsweise aus:
"vor dem Hintergrund, dass der von Ihrem Herrn E. versprochene Abhilfetermin bereits mehrere Wochen verstrichen ist und der Tatsache, dass es weiter so stark in unsere Verkaufsstelle einregnet, das bereits Eimer zum Auffangen des Regenwassers aufgestellt werden müssen, fordern wir Sie hiermit letztmalig auf, die Arbeiten bis zum Ende der 48. KW 2008 fertig zu stellen. Und zwar in der Art, dass unsere Mieträume bei Regenfällen nicht mehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Sollten Sie diesem Termin nicht nachkommen, werden wir diese Angelegenheit unserer Rechtsabteilung übergeben und werden die vollständige Instandsetzung gerichtlich einklagen."
Mit Schreiben vom 23.1.2009 kü...