Leitsatz (amtlich)

1. Ein Prozessmandat ist mit dem Abschluss einer Instanz beendet, wenn von dem Rechtsanwalt zur Erfüllung seines Auftrags weitere Handlungen nicht mehr zu erwarten sind.

2. Der bisher einem einzelnen Rechtsanwalt erteilte Auftrag erstreckt sich mit dessen Eintritt in eine Sozietät nicht automatisch auf deren Mitglieder; dazu bedarf es zumindest einer stillschweigenden Einbeziehung der Sozien in das bisherige Einzelmandat.

3. War der die Sache bearbeitende Rechtsanwalt nur kurzzeitig Mitglied der Sozietät und war der später in der Angelegenheit tätige Sozius tatsächlich nicht in die Sachbearbeitung einbezogen, liegt ein Interessenwiderstreit oder gar Parteiverrat nicht vor.

 

Normenkette

BRAO § 43a Abs. 4; BGB §§ 675, 611, 134, 138; StGB § 356

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 14.12.2010; Aktenzeichen 16 O 324/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.12.2010 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichterin - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 65.000 EUR

 

Gründe

A Der Kläger wendet sich, wie er in der Berufungsinstanz klargestellt hat, mit der Klage gegen die Zwangsvollstreckung aus der dem Beklagten zu dem Urteil des LG Düsseldorf vom 19.12.2007 - 16 O 18/07 - erteilten Vollstreckungsklausel.

Der Kläger, der seine Rechtsanwaltszulassung wegen Berufsunfähigkeit mit Wirkung zu September 2006 zurückgegeben hat, sowie Rechtsanwalt J. J. (im Folgenden "J.") waren zur gemeinsamen Berufsausübung in Form einer Partnerschaftsgesellschaft verbunden. Diese endete durch die von J. ausgesprochene Kündigung zum 31.12.2006. Vom 1.1.2007 bis zum 30.9.2007 war J. Mitglied der Rechtsanwaltspartnerschaftsgesellschaft des Beklagten. Vom 1.10.2007 an bestand nur noch eine Bürogemeinschaft, die zum 30.9.2009 ebenfalls endete.

In dem oben genannten, vor dem LG Düsseldorf geführten Verfahren wurden der Kläger, J. sowie ihre Partnerschaftsgesellschaft als Gesamtschuldner (im Folgenden: Gesamtschuldner) durch die B. AG (im Folgenden: H. Bank) auf Zahlung von EUR 65.000 nebst Zinsen in Anspruch genommen. Für die Gesamtschuldner trat in dem Verfahren vor dem LG zunächst J. als Mitglied der Sozietät des Beklagten auf. Nach seinem Ausscheiden als Partner verfasste J. Schriftsätze unter seinem eigenen Namen. Vor dem OLG Düsseldorf (6 U 15/08) und im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, die durch Beschluss des BGH vom 30.6.2009 (XI ZR 334/08) zurückgewiesen wurde, wurden die Gesamtschuldner von anderen Rechtsanwälten vertreten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Akten des Verfahrens 16 O 18/07 LG Düsseldorf verwiesen, die der Senat beigezogen hat.

Am 4.12.2009 schloss der Beklagte mit der H. Bank, die an einer möglichst schnellen Realisierung der Klageforderung interessiert war, einen Abtretungsvertrag in Bezug auf die im Vorprozess titulierte Forderung und kaufte diese der H. Bank ab. Der Beklagte erhielt das Original des Urteils mit Rechtskraftvermerk sowie eine notarielle Bestätigung nach § 727 Abs. 1 ZPO übersandt (vgl. Schreiben der B. AG vom 2.2.2010). Der Beklagte betreibt aus dem Titel und der ihm erteilten Klausel die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger.

Mit Schreiben vom 12.3.2010 sprach der Beklagte gegenüber dem Kläger und J. die Kündigung sämtlicher Mandatsverhältnisse aus.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Zwangsvollstreckung aus der dem Beklagten erteilten Klausel sei unzulässig. Der Abtretungsvertrag zwischen dem Beklagten und der H. Bank sei gem. §§ 134 BGB i.V.m. § 43a Abs. 4 BRAO bzw. gem. §§ 134 BGB i.V.m. § 356 Abs. 1 StGB wegen Parteiverrats bzw. gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Der Beklagte habe mit der Abtretung widerstreitende Interessen vertreten. Die Vollstreckung sei darüber hinaus sittenwidrig, da der Beklagte sich hierbei aus dem Mandatsverhältnis erlangtes besonderes Wissen hinsichtlich der finanziellen Situation des Klägers zu Nutze gemacht habe. Der Vollstreckung stehe schließlich die Erfüllung der titulierten Forderung durch J. entgegen. Hierzu hat der Kläger behauptet, der Beklagte habe von J. 100.000 EUR erhalten, die zum Ausgleich des Titels zu verwenden gewesen seien.

Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des LG Düsseldorf vom 19.12.2007 - 16 O 18/07 - für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, die Abtretung der titulierten Forderung sei wirksam. Ein Interessenwiderstreit liege nicht vor. Das Mandat in dem Verfahren vor dem LG habe allein J. geführt, jedenfalls habe ein etwaiges Mandatsverhältnis zu dem Kläger zum Zeitpunkt des Forderungskaufs nicht meh...

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