Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer gerichtlichen Entscheidung nach den §§ 108 ff. FamFG im Personenstandsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der verfahrensrechtlichen Anerkennung einer gerichtlichen Entscheidung eines polnischen Bezirksgerichts im Rahmen einer Folgebeurkundung im Geburtenregister
Normenkette
FamFG §§ 108-109; PStG §§ 48-49
Verfahrensgang
AG Marburg (Beschluss vom 25.07.2019) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Das Standesamt wird angewiesen, den Eintrag im Geburtenregister für das eingangs bezeichnete Kind im Wege der Folgebeurkundung dahingehend fortzuführen, dass der Vorname nunmehr "Vorname1" und der Familienname "Nachname1" lautet.
Die Entscheidung ergeht im Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei.
Notwendige Aufwendungen werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,- EUR.
Der Beteiligten zu 1 wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin RA1, Straße1, Stadt1, zu den Bedingungen einer Rechtanwältin mit Sitz im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Gründe
I. Die Geburt des Kindes wurde am 28.05.2013 bei dem beteiligten Standesamt beurkundet. Auf den beglaubigten Registerausdruck vom 02.04.2019 (Bl. 4 ff. d A.) wird verwiesen. Die Kindesmutter war und ist bis heute polnische Staatsangehörige, die bei Geburt des Kindes den Familiennamen "Nachname1a" trug; der Kindesvater ist staatenloser Ausländer. Er hatte die Vaterschaft am 23.05.2013 beim Kreisjugendamt in Stadt5 mit Zustimmung der Kindesmutter anerkannt (Bl. 14 d. A.). Die Namenserteilung des Familiennamens "Nachname2" des Kindes - des Familiennamens des Kindesvaters - erfolgte aufgrund von zwei Erklärungen der nicht verheirateten Kindeseltern bei Geburtsbeurkundung, einmal durch die allein sorgeberechtigte Kindesmutter mit Zustimmung des Kindesvaters (Bl. 20 d. A.), einmal durch gemeinsame Erklärung der Kindeseltern (Bl. 21 d. A.). Das Kind hat nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben (Bl. 25 d. A.). In beiden Erklärungen sowie in einer weiteren Erklärung der Eltern zur Namensführung des Kindes vom 23.05.2013 (Bl. 13 d. A.) ist der Vorname des Kindes mit "Nachname2" angegeben. Über die in Deutschland beurkundete Geburt wurde auf Veranlassung der Kindesmutter in Polen beim Standesamt Stadt2 im Jahr 2015 im Rahmen einer Nachbeurkundung ebenfalls ein Geburtseintrag erstellt (Bl. 35 d. A.).
Die Eltern sind getrennt lebend. Auf Antrag des Kindesvaters wurde durch das Amtsgericht Stadt3 mit Beschluss vom 04.07.2014 (Bl. 26 ff. d. A.) den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam übertragen.
Die Kindesmutter, die nach Verheiratung mit Vorname3 Nachname3 nunmehr den Familiennamen "Nachname3" führt, stellte in Polen vor dem Kreisgericht Stadt2 ... einen Antrag nach Art. 97 § 2 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuchs. Der Antrag wurde von diesem Gericht am 16.01.2017 abgelehnt. Aufgrund einer Berufung der Kindesmutter hiergegen entschied das Bezirksgericht Stadt2, Abteilung für zivile und familiäre Angelegenheiten, am 30.05.2018, dass die angefochtene Entscheidung geändert werde und der Kindesmutter eine Genehmigung erteilt werde, einen Antrag an Verwaltungsorgane auf Änderung des Vor- und Nachnamens des Minderjährigen "Vorname2 Nachname3", geboren am XX.XX.2013 in Stadt4 gegen "Vorname1 Nachname1" zu stellen. Auf Bl. 31 ff. d. A. wird insoweit verwiesen. Das polnische Standesamt trug daraufhin im polnischen Geburtseintrag den Namen "Vorname1 Nachname1" ein (Bl. 33 ff. d. A.).
Mit Schreiben vom 23.08.2018 (Bl. 30 d. A.) hat die Kindesmutter gegenüber dem beteiligten Standesamt darauf hingewiesen, dass sie Namen und Vornamen des betroffenen Kindes geändert habe, sie polnische Bürger seien und das hätte in Polen durch das Familiengericht erledigt werden müssen. Sie hat gebeten, das Original der Geburtsurkunde zu ändern. Der Kindesvater ist dem entgegengetreten und hat erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Polen durchgeführten Namensänderung erhoben. Wegen des mit dem beteiligten Standesamt geführten Schriftwechsels wird auf Bl. 38 ff. d. A. verwiesen. Auf Anfrage des beteiligten Standesamts vom 21.02.2019 (Bl. 66 d. A.) hat das polnische Generalkonsulat in einer E-Mail vom 15.03.2019 (Bl. 65 d. A.) mitgeteilt, dass das polnische Recht keinen festen Wohnsitz in Polen verlange, um einen Antrag auf die Änderung des Vornamens und Namens eines Kindes zu stellen. Es reiche die polnische Staatsangehörigkeit der Mutter und des Kindes sowie die frühere Registrierung der Geburt im polnischen Personenstandsregister. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung nach § 108 FamFG anzuerkennen sei, und dass Anerkennungshindernisse nach § 109 FamFG nicht ersichtlich seien. Es hat weiter ausgeführt, dass die Entscheidung des polnischen Gerichts eine Rechtsgrundlage für die Änderung des Vornamens und Namens des Kindes darstelle. Das Kind habe die n...