Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Geburtsnamens
Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 36 Abs. 1 PStV ist eine Änderung des Familiennamens eines Kindes nur dann als Folgebeurkundung einzutragen, wenn sie den Geburtsnamen betrifft. Die durch "Deed Poll" vorgenommene Änderung des Namens führt aber grundsätzlich zu keiner Änderung des Geburtsnamens im Sinne des deutschen Personenstandsrechts. Eine andere Beurteilung kann allenfalls dann gelten, wenn die nach britischem Recht vorgenommene Änderung einem Tatbestand gleichkommt, der nach deutschem Recht ausnahmsweise als Änderung des Geburtsnamens zu würdigen wäre.
Normenkette
PStG §§ 27, 49; PStV § 36
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 16.04.2021; Aktenzeichen 22 III 20/20) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Notwendige Aufwendungen werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,- EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Am XX.XX.1999 ist im betroffenen Geburtenregister die Geburt der Beschwerdeführerin, die ausschließlich die britische Staatsangehörigkeit hat, mit dem Vornamen "Vorname1", dem Geburtsnamen "Nachname1" und dem Geschlecht "männlich" beurkundet worden. Auf den beglaubigten Registerausdruck vom 01.12.2020 (Bl. 4 ff. d. A.) wird insoweit verwiesen.
Mit nicht unterzeichnetem und datierten Schreiben (Bl. 6 d. A.), beim betroffenen Standesamt am 04.08.2020 eingegangen, hat die Beschwerdeführerin dem betroffenen Standesamt mitgeteilt, dass ihr Name "Frau Vorname2 Nachname2 Nachname3" sei und sie vor etwas längerer Zeit schon den Vor-/Nachnamen und das Geschlecht in ihrem Heimatland Großbritannien mittels "Deed poll" habe ändern lassen. Diese Änderung sei von jedem Amt und jeder Kasse in Deutschland anerkannt worden, außer von ihrer Stadt selbst, die einen Auszug aus den Geburtenregister des Heimatorts verlange. Die Beschwerdeführerin hat eine beglaubigte Kopie des Geburtenregisters beantragt. Beigefügt hat die Beschwerdeführerin Fotokopien einer Urkunde "Certified copy of a Deed of Change of Name (Deed poll)" vom 31.08.2019 (Bl. 7 d. A.) und eines britischen Reiseausweises (Bl. 8 ff. d. A.) vorgelegt. Letzterer weist die Beschwerdeführerin mit den von ihr angegebenen Namen und dem Geschlecht "F" aus.
Mit Schreiben vom 01.12.2020 (Bl. 1 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das betroffene Standesamt gemäß § 49 Abs. 2 PStG eine Zweifelsvorlage an das Amtsgericht gerichtet. Es hat Zweifel erhoben, ob die durch "Deed poll" abgegebene Erklärung die gewünschten Änderungen im deutschen Personenstandsregister auslöse. Es hat dazu unter anderem Ausführungen zu der nach britischem Recht getroffenen Unterscheidung von "legal name" und "conventional name" gemacht. Das Amtsgericht hat mit Schreiben vom 08.12.2020 (Bl. 9 d. A.) unter anderem darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage bestünden sowie darauf, dass das beim Standesamt am 04.08.2020 eingegangene Schreiben weder unterzeichnet sei und daher den/die Ausstellerin nicht erkennen lasse und aus den Unterlagen eine Personenidentität zwischen Vorname1 Nachname1 und Vorname2 Nachname2 Nachname3 nicht entnommen werden könne. Daraufhin hat das Standesamt mit Schreiben vom 18.01.2021 (Bl. 14 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, weitere Ausführungen gemacht und an seiner Zweifelsvorlage festgehalten. Die Standesamtsaufsicht - der Beteiligte zu 3.) - hat mit Schreiben vom 25.03.2021 (Bl. 19 d. A.) mitgeteilt, dass die Ansicht des Standesamts geteilt werde. Die Beschwerdeführerin hat sich vor dem Amtsgericht nicht geäußert.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 22 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht angeordnet, den betroffenen Geburtenregistereintrag nicht zu ändern. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Namensänderung nur nach britischem Recht infrage komme, da der/die Antragsteller*in (= die Beschwerdeführerin) die britische Staatsbürgerschaft besitze. Anders als das deutsche Recht beruhe das britische Namensrecht weitgehend nicht auf gesetzlichen Vorschriften, sondern auf Gewohnheitsrecht. Aufgrund dessen könne der Name geändert werden. Dies geschehe üblicherweise entweder in Form einer notariellen Urkunde oder durch einfache Urkunde ("Deed poll"). Weder bedürfe es einer Genehmigung durch eine Behörde noch sonstiger Formalitäten oder einer Eintragung in ein öffentliches Register. Dies führe dann im Falle einer Änderung des Geburtsnamens dazu, dass der freigewählte Name ("conventional name") den registrierten Geburtsnamen ("legal name") überlagere, aber nicht verändere. Es erfolge keine Fortschreibung oder Änderung im Bereich des Personenstandsrechts. Nach britischem Recht sei demnach eine Änderung des eingetragenen Geburtsnamens weder vorgesehen noch möglich. Bei einer Registrierung im deutschen Personenstandsregister stelle sich demnach die Frage, wie dort die dem ausländischen Sachrecht unterliegende Namensführung darzustellen sei u...