Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für ein Näherungs- und Kontaktverbot nach dem GewSchG ist das Vorliegen eines ausdrücklichen Willens gegen die Kontaktaufnahme (hier: bei einer 15-jährigen Antragstellerin).
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Erlass eines Näherungs- und Kontaktverbots gegenüber dem Antragsgegner nach dem Gewaltschutzgesetz im Wege der einstweiligen Anordnung.
Die 15-jährige Antragstellerin fährt regelmäßig mit dem Fahrrad am Haus des 74-jährigen Antragsgegners vorbei und steigt an der nahegelegenen Bushaltestelle aus, um ihre Freundin zu besuchen; die Mutter der Freundin fährt die Mädchen täglich von dort aus mit dem Auto zur Schule.
Seit Ende des Jahres 2022 kam es wiederholt zu kurzen Gesprächen zwischen den Beteiligten. Ab Januar 2023 überreichte der Antragsgegner der Antragstellerin wiederholt Briefe, schenkte ihr eine Kette im Wert von 250,- Euro und Süßigkeiten. Im Juni 2023 folgte die Antragstellerin der Bitte des Antragsgegners und suchte ihn an seinem Grundstück auf, wo er ihr seinen letzten Brief vom 19.06.2023 (Bl. 4 f. d.A.) und Süßigkeiten überreichte. In dem Brief brachte der Antragsgegner sein Bedauern zum Ausdruck, dass sich die Beteiligten so wenig sähen. "Unter einer Freundschaft, auch ohne Sex", verstehe er etwas mehr, die Freundschaft der Beteiligten gehe nur von ihm aus, die Antragstellerin habe für ihn nicht einmal eine halbe Minute Zeit, wohingegen sie oft mit Freundinnen und Freunden telefoniere. Er sei bitter enttäuscht von der Antragstellerin und sollte sie die Freundschaft beenden, wäre es nochmal eine "sehr sehr bittere Enttäuschung" für ihn. Weiter schrieb der Antragsgegner, seine Liebe zur Antragstellerin würde nie enden und er nehme sie auch dorthin mit, wo sein (im vergangenen Jahr verstorbener) Zwillingsbruder sei. Die Antragstellerin sei für ihn das "Nonplusultra". Den Brief beendete er mit "PPS: Ich habe weiterhin ganz großes Vertrauen zu Dir, das auch diese Zeilen unser beider Geheimnis bleiben" DANKE!!!". In einem weiteren Brief (Bl. 5 Rückseite d.A.) erklärte der Antragsgegner, er habe sich in die Antragstellerin, die vom Kind zur jungen Dame gereift sei, verliebt, aber es hätte keine Zukunft. Wenn er zwei bis vier Jahre älter wäre als sie, würde er um sie kämpfen. Sie sei für ihn das "Nonplusultra". Weiter stellte er die Frage, ob es denn ein Wunder sei, wenn man sich in solch ein fantastisches Mädchen verliebe. Wegen weiterer Gedichte und einer Karte des Antragsgegners anlässlich der Pfingstfeiertage 2023, die sich unfrankiert im Briefkasten der Antragstellerin befand, wird auf Bl. 6 ff. d.A. Bezug genommen. Das letzte Gespräch führten die Beteiligten am 10.07.2023 miteinander.
Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern der Antragstellerin haben am 10.08.2023 im Namen der Antragstellerin den Erlass eines Näherungs- und Kontaktverbots gegenüber dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.
Die vom Amtsgericht informatorisch angehörte Antragstellerin hat im Termin erklärt, sie habe sich mit dem Antragsgegner unterhalten, weil sie dahingehend erzogen worden sei, zu älteren Menschen höflich zu sein. Sie habe sich dabei nichts gedacht, bis der Antragsgegner einmal zu ihr gesagt habe, sie sei hübsch, würde aber nackt schöner aussehen. Dies sei ihr unangenehm gewesen, was sie gegenüber dem Antragsgegner aber nicht verbal zum Ausdruck gebracht habe. Sie habe dem Antragsgegner auch nicht explizit gesagt, dass sie keinen Kontakt zu ihm wünsche. Sie habe den Kontakt zu ihm aber nach Möglichkeit vermieden.
Der Antragsgegner hat im Termin erklärt, er habe die Antragstellerin keinesfalls in Bedrängnis bringen wollen. Mit anwaltlichem Schreiben hat er weiter erklären lassen, er habe ihr weder aufgelauert noch habe er ihren Schulweg abgelaufen. Er habe sich der Antragstellerin gegenüber immer wertschätzend verhalten und sie habe ihm gegenüber Interesse an einem bestehenden Kontakt signalisiert. Er habe aber verstanden, dass sie keinerlei Kontakt mehr zu ihm wünsche, und werde sich selbstverständlich auch ohne entsprechenden Beschluss daran halten.
Mit Beschluss vom 12.09.2023 hat das Amtsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner weder ausdrücklich erklärt noch anderweitig habe erkennen lassen, die Kontaktaufnahme durch ihn nicht zu wünschen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 12.09.2023 (Bl. 49 ff. d.A.) - der Antragstellerin zugestellt am 19.09.2023 - Bezug genommen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin, vertreten durch ihre Eltern, mit ihrer am 27....